GesellschaftPolitik

Industrie 4.0: “Die Zukunft hat bereits begonnen”

posted by Daniel Winter 22. Mai 2017 0 comments

Unsere Arbeitsplätze und Beschäftigungsfelder verändern sich rasant. Triebfeder dieses Wandels ist die massive Zunahme der elektronischen Datenverarbeitung in der industriellen Produktion. Grund genug für die BayernSPD und die Salzburger SPÖ, ihren dritten gemeinsamen Europatag den Herausforderungen, die sich durch Industrie 4.0 für die Politik und die Gesellschaft auftun, zu widmen. Gemeinsame Betriebsbesuche beim Autohersteller BMW und der Firma Watson IoT-Center/IBM haben gezeigt: Die Zukunft hat bereits begonnen.

Maschinen müssen dazu da sein, die Menschen zu unterstützen, aber nicht, um sie zu ersetzen. (Gudrun Modlser Törnström, zweite Salzburger Landtagspräsidentin)

Die Delegation der Sozialdemokratischen Parteien aus Salzburg und Bayern zeigten angesichts der Eindrücke in der BMW-Welt und bei Watson IoT beeindruckt vom rasenden Tempo, mit dem sich technologische Innovationen entwickeln.

“Die Zukunft hat bereits begonnen. Das ist auch für die Politik eine neue Herausforderung. Die Rahmenbedingungen ändern sich in allen Bereichen. Sei es in der Bildungs-, Arbeitsmarkt- oder Verkehrspolitik, um nur ein paar Beispiele zu nennen“, formulierte die zweite Salzburger Landtagspräsidentin Gudrun Mosler-Törnström (SPÖ) ihre Eindrücke und ergänzt: „Wir müssen uns bewusst sein, dass jede Medaille zwei Seiten hat. Die rasanten Entwicklungen im technologischen Bereich bieten viele neue Chancen aber bergen auch Risiken, vor allem wenn es um Beschäftigung geht, da immer mehr Arbeitsplätze durch Roboter und Maschinen ersetzt werden. Gleichzeitig entstehen aber auch neue Arbeitsfelder. Es muss der Grundsatz gelten: Maschinen müssen dazu da sein, die Menschen zu unterstützen, aber nicht, um sie zu ersetzen.“ Ein Leitbild, das zumindest bei BMW gelebt wird, wie auch der Euro-Betriebsrat bestätigte. Durch höhere Produktionszahlen kam es bisher außerdem zwar zu einer Verlagerung von Arbeitsplätzen, jedoch nicht zu einer Reduzierung. In einem Werbefilm stellt BMW dar, wie sich das Unternehmen den wandelnden Arbeitsmarkt infolge von Industrie 4.0 vorstellt. Dass es allerdings bisher zu keinem Jobabbau gekommen ist, darf getrost auch als Verdienst der Gewerkschaft IG-Metall bezeichnet werden, welche mit rund 80 Prozent Mitgliedern unter den Beschäftigten einen enormen Organisationsgrad aufweist.

Arbeit 4.0 – Digitale Revolution stellt Politik und Gesellschaft vor eine Herausforderung

Auch wenn sich unsere Gesellschaft inmitten der digitalen Revolution befindet, sind die tatsächlichen Auswirkungen dieser immer noch unklar. Während etwa das US-Unternehmen Boston Consulting erwartet, dass bis 2025 etwa ein Viertel der bestehenden Jobs durch Software und Roboter ersetzt wird, gehen andere davon aus, dass es bei einer Verlagerung von Arbeitsplätzen bleibt. Es verwundert daher nicht, wenn Teile der Gesellschaft zunehmend Ängste verspüren.

„BMW zeigt schon jetzt, dass die Arbeitsplatzverlagerung funktionieren kann. Die zentrale Frage aber bleibt, wie wir mit all den Veränderungen in der Arbeitswelt zukünftig umgehen und die Integration aus Mensch und Maschine schaffen. In vielen Fällen werden Umqualifizierungen notwendig werden. Ebenso muss weniger Arbeit nicht weniger Jobs bedeuten, sondern kann auch heißen: Weniger Arbeit für alle bei vollem Gehalt“, deutet die bayerische SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl, dass mögliche Heruasforderungen auch eine positive Chance für die gesamte Gesellschaft sein kann. Worauf es ankommt, ist, wer vom digitalen Wandel profitiert. Nicht weniger wichtig wird es sein, dass Politik und Gesellschaft mit den rasanten Veränderungen Schritt halten können.

Wie gehen wir zum Beispiel damit um, wenn Menschen zu Robotern eine Beziehung aufbauen? (Maria Noichl, SPD-Europaabgeordnete)

Neben Veränderungen am Arbeitsmarkt stellen sich für Noichl nämlich auch ethische Fragen: „Wir brauchen dringend gesetzliche Rahmenbedingungen. Diese bestehen bis jetzt noch nicht, würden aber viele gesellschaftliche Bereiche betreffen: Wie gehen wir zum Beispiel damit um, wenn Menschen zu Robotern eine Beziehung aufbauen? Das mag absurd klingen, doch gerade darin besteht das Problem. Die Technik kann bereits heute leisten, was wir uns als Gesellschaft kaum vorstellen können.“

Ein Beispiel dafür ist Watson IoT. IoT steht für Internet of Things und meint das Zusammenspiel von digitaler und physikalischer Welt, bei der Menschen bei ihren Tätigkeiten im besten Falle von künstlicher Intelligenz unterstützt werden. In jedem Fall ein Zusammenspiel, bei dem Menschen Kontrolle an Systeme abgeben. Ein solches ist Watson von IBM. Verkürzt gesagt unterscheidet es sich von herkömmlicher Software dadurch, dass nicht jeder Schritt von Menschenhand programmiert werden muss, sondern dieses letztendlich dank Algorythmen selbst in der Lage ist, zu lernen. Mehr dazu erfährt man in diesem Video.

Beispiel für die Anwendung im Alltag ist der selbstfahrende Bus “Olli”. Im Unterschied zum Modell, das in Koppl bei Salzburg als Prototyp bereits im Einsatz ist, gibt Olli Mitfahrenden zugleich die Möglichkeit, mit ihm zu kommunizieren und erinnert damit ein wenig an eine bekannte Fernsehserie der 1990er-Jahre.

 

Europäische Herausforderung – Europäische Verantwortung

Die Teilnehmer_innen des Europatages in München waren sich einig, dass sich infolge des technischen Fortschritts  viele Fragen auftun werden, auf die es im besten Fall europäische Antworten wird geben müssen. „Diese neuen Entwicklungen zeigen sehr deutlich, dass wir mehr statt weniger Europa brauchen. Nur mit einem vereinten und starken Europa können wir die Herausforderungen, welche die Zukunft bereits heute an die Politik stellt, bewältigen“, brachte es Mosler-Törnström auf den Punkt. Tatsächlich ist der Themenkomplex Robotik auf europäischer Ebene bereits ein großes Thema, wie ein jüngster Bericht aus dem Europäischen Parlament zeigt. Wie es aussieht, ist das auch gut so.


Fotos: Joerg Koch/ BayernSPD

Das könnte sie auch interessieren