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Runde 3 für Thor: Tag der Entscheidung

posted by Johannes Mayrhofer 13. November 2017 0 comments

12,44 Milliarden Dollar hat das Marvel Cinemtic Universe seit seinem Start mit Iron Man im Jahr 2008 eingespielt. (Stand: August 2017) Das ist eine Summe, für die wir, die wir gerne über mangelnde Abwechslung auf den Kinoleinwänden jammern, verantwortlich sind, da wir immer und immer wieder in die neuesten Ableger des Marvel Cinematic Universe gehen. Dagegen spricht auch nichts, denn Disney hat es wie kaum eine andere Firma oder  eine  Filmreihe geschafft, Action, Drama und Humor mit einer Leichtigkeit zu verbinden, die in den meisten Fällen einfach kurzweilig Spaß macht und uns nach zwei Stunden erheitert aus dem Kino entlässt.

Thor: Ragnarok (auf Deutsch: Thor: Tag der Entscheidung) ist nach Guardians of the Galaxy 2 und Spider-Man: Homecoming der bereits dritte Marvel-Film im Jahr 2017. Hoffnungen in den dritten Teil der Thor-Filme setzten die Fans und Kritikerinnen und Kritiker vor allem aufgrund des neuseeländischen Regisseurs Taika Waititi , der sich in unseren Breiten mit der Horrorkomödie What We Do in the Shadows (deutsch: 5 Zimmer Küche Sarg) in die Herzen des Publikums inszeniert hat.

Thor: Ragnarok schafft es – vermutlich dank des Erfolgs des Ausnahme-Marvel-Streifens Guardians of the Galaxy mit mehr künstlerischer Freiheit gesegnet –, dem üblichen Marvel-Muster zu entkommen. Handlungstechnisch erlebt Thor Odinson (Chris Hemsworth) gleich zu Beginn zwei schwere Schocks: Erstens muss er erkennen, dass sein lieber Quasi-Bruder Loki Laufeyson (Tom Hiddleston) seinen Vater Odin (Anthony Hopkins) verbannt hat und statt seiner munter und unverantwortlich über Asgard regiert. Zweitens findet er heraus, dass Papa Odin ihnen nicht immer die ganze Wahrheit erzählt hat. Es gibt da nämlich noch Thors Schwester Hela (Cate Blanchett), Göttin des Todes, die zurückkommt, um Tod und Verderben, ja tatsächlich die germanische Apokalypse Ragnarök über Asgard zu bringen. Hela zerstört gleich bei ihrer ersten Begegnung mit Thor dessen unzerstörbaren Hammer und Loki und Thor finden sich plötzlich auf einem Müllplaneten wieder, der von dem exzentrischen Grandmaster (fantastisch: Jeff Goldblum) regiert wird. Auf diesem Planeten trifft Thor auch auf seinen alten Freund Bruce Banner (Mark Ruffalo), der in seiner großen grünen Form an Gladiatorenkämpfen teilnehmen muss. Gemeinsam mit der dauerbetrunkenen Schrottsammlerin Scrapper 142 (Tessa Thompson) und Loki machen sie sich auf, Ragnarok aufzuhalten und sich der übermächtigen Hela zu stellen.

Sozialkritische Themen werden – wie bei Marvel üblich – an der Oberfläche angehaucht und dann getrost ignoriert. Ein Planet, der eine einzige Müllhalde ist oder die Flüchtlingsthematik (die Bewohnerinnen und Bewohner Asgards fliehen vor der drohenden Zerstörung) bieten genügend Ansätze, werden jedoch lediglich gezeigt, aber nicht abgehandelt. Ich halte es nach wie vor für fahrlässig, derlei Themen anzukratzen und nicht weiter zu vertiefen, da sie das Publikum durch die triviale Darstellung für diese Problematiken desensibilisieren können.

Die Trivialität von Thor: Ragnarok ist gleichzeitig aber auch die größte Stärke des Films. Das Marvel Cinematic Universe ist aus einer seriell erscheinenden Vorlage geboren, der man eine gewisse Trivialität nicht absprechen kann. Thor: Ragnarok huldigt seiner Herkunft und geht darin auf. Der Film ist noch weniger ernst als bisherige Marvel-Werke, fällt irgendwo zwischen gelungener Situationskomik, Slap-Stick und Deadpan herum und blüht in seinem aufgelockerten Schmäh zu Höchstleistungen auf, denen die belanglosen Actionszenen und die heuchlerisch theatralische Apokalypse nicht folgen können. Obwohl Thor 3 sowohl stilistisch als auch handlungstechnisch lustiger und lockerer als etwa die Iron Man– oder Captain America-Filme ist, und sich deutlich weniger ernst nimmt, fügt er sich trotzdem nahtlos ins Marvel Cinematic Universe ein. Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) hat einen Auftritt und der obligate Nachspann-Spot (Achtung, es gibt zwei!) deutet an, wo die Handlungsstränge das nächste Mal zusammenlaufen werden.

Bei der Inszenierung hätte Thor: Ragnarok durchaus noch konsequenter sein können. Während der Humor bestens funktioniert, traut sich der Film die angedeutete Achtziger-Jahre-Ästhetik, die der Trailer versprochen hatte, nur selten durchzulassen. Das ist mehr als bedauerlich, da Atomic Blonde oder auch Stranger Things beweisen, wie schön das funktionieren kann. Wenn etwa der Titelschriftzug im Eighties-Look oder der Soundtrack bei Thor: Ragnarok das generische Orchester-Geklimper in diese Richtung auflockert, wirkt es leider meist aufgesetzt. Ästhetisch hat man sich in mindestens zwei Szenen richtig dreist bei der äußerst erfolgreichen Wonder Woman vom Konkurrenten DC bedient. Dass DC in künstlerischer Sicht die Nase meilenweit vorn hat, braucht man meines Erachtens nicht mehr zu diskutieren. Hier ist die Konkurrenz einfach mutiger und innovativer, auch wenn das bisweilen in die Hose geht (Suicide Squad). Gut geklaut ist aber bekanntlich besser, als schlecht selbst gemacht und ich wünschte, Thor 3 hätte sich nicht nur bei der Optik in den Rückblenden, sondern auch bei DCs fantastischen Action-Choreographien bedient.

Mit seinen 130 Minuten ist Thor: Ragnarok  eine Spur zu lang geraten. Dennoch bleibt unter dem Strich ein äußerst amüsanter und kurzweiliger Marvel-Blockbuster, dem es sogar gelingt, dank seiner fehlenden Ernsthaftigkeit und einer gewissen Gleichgültigkeit, die vor allem dank dem großartigen Jeff Goldblum und seiner Figur des Grandmasters zur Geltung kommt, aus der üblichen Schablone auszubrechen. Das mag sicherlich nicht allen Marvel-Fans gefallen, für mich persönlich ist dieses Annehmen seiner trivialen Vorlage der richtige Schritt. Meines Erachtens fällt Thor: Ragnarok nicht aus dem Kanon, viel mehr ist es nach Guardians of the Galaxy und dessen zweitem Teil der dritte Marvel-Film (von bisher 16 im MCU), der dem Comicuniversum mit all seinen Höhen und Tiefen wirklich gerecht wird.

Thor: Ragnarok
dt. Titel: Thor: Tag der Entscheidung

Regie: Taika Waititi
Drehbuch: Christopher Yost, Craig Kyle, Stephany Folsom, Eric Pearson
Soundtrack: Mark Mothersbaugh
Cast: Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Anthony Hopkins, Mark Ruffalo, Jeff Goldblum, Idris Elba …
Laufzeit: 131 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 31.10.17 (AT)

Die Bilder stammen von der offiziellen Facebook-Seite des Films.

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