BURKAVERBOT
PRO
Dieser Kommentar ist Teil einer PRO & CONTRA Serie. Das Ziel besteht darin, inhaltliche Debatten gesellschaftlichen und politischen Themen zu fördern. Ein Beitrag von der SPÖ-Landesfrauenvorsitzenden Ingrid Riezler-Kainzner.
Der CONTRA-Beitrag zum Thema stammt von Julia Herr.
In Österreich müssen Mädchen und Frauen in erster Linie das Recht haben.
Bei der Debatte um die Burka geht es nicht um ein einzelnes Kleidungsstück, sondern um mehr. Es geht vielmehr um die Frage, wie wir damit umgehen sollen, wenn Menschen Kleidungsstücke tragen, die ihr Äußeres so stark verhüllen, dass selbst ihre Mimik, ja letztlich ihre Persönlichkeit verhüllt bleibt. Richtigerweise habe ich in Salzburg noch keine Frau mit einer richtigen Burka gesehen. Sehr wohl aber erlebe ich mit Sorge, dass die Bekleidung vieler muslimischer Frauen immer konservativer wird: Normale Kopftücher werden immer seltener, viele Frauen sind mittlerweile ganz schwarz verhüllt. Frauen mit Niqab, bei denen wir nur noch die Augen sehen, begegnen uns. Schwarz, als Mensch nicht sichtbar. Eingeschränkt. Meist mit kleinen Kindern unterwegs, die mit diesem Frauenbild aufwachsen. Kleine Mädchen, die völlig anders leben müssen als ihre Brüder. Ich fühle mich schlecht, wenn ich diese Frauen und Kinder sehe.
Natürlich soll sich jede Frau anziehen können, wie sie will, keine Frage. Aber auch darum geht es bei dieser Debatte nicht. Das Konzept des als religiös erklärten Kopftuches oder Schleiers ist ein Fundament für die gesellschaftliche Geschlechtertrennung. Männer sollen sexuell nicht verwirrt werden, und die Frauen und Mädchen sollen in den Raum der eigenen vier Wände (oder eben des Stück Stoffs) verwiesen werden; sollen so früh wie möglich „beschützt“, sprich kontrolliert werden.
Dabei ist die Verhüllung nur eine männliche Interpretation des Koran. Viele Muslimas begehren gegen diese Auslegung auf. Auch sie lassen wir zumeist im Stich, indem wir nur konservative Vertreter in gesellschaftspolitische Diskurse einladen, mitbestimmen lassen. Sollen wir das wirklich unterstützen und eine Begründung mit der Religionsfreiheit zulassen; gar mit der Selbstbestimmung der Frau begründen? Frauenrechte sind Menschenrecht. Sollen die etwa nicht über der Religion stehen? Selbstbestimmung ist ganz wichtig, aber in Kulturen, in denen es nicht einmal individuelle Rechte gibt, in denen die Familie der Umma untergeordnet ist, gibt es das doch gar nicht. Wir hypen die sogenannten „Vorzeigemuslimas“, die sich zwar für das Recht auf Verschleierung einsetzen, bei denen die Solidarität aber bei nicht verhüllten Muslimas endet und erst recht bei muslimischen LGBTs oder Muslimas, die einen Nichtmuslim heiraten wollen. Die haben aus ihrer Sicht kein Recht auf Schutz innerhalb der eigenen Community.
Wir akzeptieren, dass sich Menschen auf Grund- und Menschenrechte berufen, obwohl sie diese ablehnen.
Ich lehne jede Diskriminierung ab. Doch das bedeutet für mich auch, dass ich keine Toleranz gegenüber Unrecht habe. Wir lassen die Muslimas, die ihren Glauben nicht nach dieser konservativen, patriarchalen Ausrichtung leben wollen, im Stich; Frauen, die auch die westlichen Errungenschaften weiblicher Emanzipation beanspruchen. Frauen, die selbstbestimmt und unabhängig leben wollen. Wir signalisieren, dass die Benachteiligung von Frauen, die Geschlechtertrennung in muslimischen Communities okay ist. Getrennte Freizeitangebote für Mädchen und Jungs, eine Sexualmoral und ein altertümlicher Ehrbegriff. Wir akzeptieren und tolerieren Intoleranz. Wir akzeptieren, dass sich Menschen auf Grund- und Menschenrechte berufen, obwohl sie diese ablehnen. Wir müssen auch die Mädchen schützen! Wo bleiben hier die Kinderrechte? Die Kopftuchträgerinnen werden immer jünger. Was tun wir gegen deren Sexualisierung und die Verkürzung ihrer Kindheit?
Im Rahmen unserer Möglichkeiten halte ich es daher für unsere gesellschaftliche Pflicht, alle Schritte zu setzen, gegen die freiheitsberaubende Verschleierung von Frauen anzukämpfen. Eines ist mir ganz wichtig: In Österreich müssen Mädchen und Frauen in erster Linie das Recht haben, nicht verhüllt zu sein! Hören wir endlich auf, Kopftücher, Hijabs, Tschadors und Co. schönzureden. Frauen im Iran kämpfen für das Recht, sich nicht verschleiern zu müssen – und wir fallen ihnen in den Rücken, indem wir von Selbstbestimmung und Religionsfreiheit faseln.