Am 15. Oktober organisierte der Verein Salzburg-Kommunikation und Kultur „Talk Together!“ eine Exkursion nach Wien. Das Ziel war ein Besuch des Parlamentes und des Karl-Marx-Hofes. Die Anreise, die nach den Exkursionen zu den Umweltschutzanlagen Siggerwiesen, in die KZ-Gedenkstätte Mauthausen und ins Salzburger Freilichtmuseum den Abschluss und Höhepunkt des Projekts „Walk Together – Talk Together – Learn Together“ bildete, hatte die Entwicklung der Demokratie in Österreich und die Geschichte des „Roten Wien“ zum Thema.
15 Personen unterschiedlicher Herkunft – aus Afghanistan, dem Irak, Österreich und Somalia – fanden sich um halb acht in der Früh am Salzburger Hauptbahnhof ein, um gemeinsam mit dem Zug nach Wien zu fahren. Während der Fahrt wurden Lernunterlagen ausgeteilt, um in das Thema einzuführen. Diese wurden mit großem Interesse gelesen, wobei bei Bedarf sprachliche Unterstützung und Erklärungen angeboten wurden.
Vom Wiener Westbahnhof aus unternahm die Gruppe dann einen Stadtspaziergang über die Mariahilferstraße und die Ringstraße. Danach kehrte die Gruppe zum gemeinsamen Mittagessen in das Restaurant Deewan ein, ein pakistanisches Lokal, in dem die Gäste nach ihrem eigenen Ermessen bezahlen. Danach ging es zum Parlament, wo 13 Uhr eine Führung vereinbart war.
Gleich im Anschluss daran ging es zum Karl-Marx-Hof, wo Julia Schranz eine Führung durch das Museum im Waschsalon Nr. 2 vorbereitet hatte. Nach dem Besuch des Museums und vielen Fragen, machte die Gruppe einen Rundgang durch den Karl-Marx-Hof. Vor der Rückreise nach Salzburg nutzen ein paar die Gelegenheit für einen Besuch im Prater und um Freunde zu treffen. Die Rückfahrt bot die Gelegenheit für Diskussionen über das Gesehene und Erlebte.
Das Projekt: „Walk Together – Talk Together – Learn Together“
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die als Asylsuchende nach Österreich kommen, sowohl die finanziellen als auch sprachlichen Möglichkeiten fehlen, um an der Gesellschaft zu partizipieren, obwohl das Interesse meist sehr groß ist. Bekommen sie dann einen positven Asylbescheid, steht die Existenzsicherung im Mittelpunkt, so dass die Zeit fehlt, sich eingehend mit den politischen Strukturen und gesellschaftlichen Verhältnissen in Österreich zu beschäftigen. Das führt dazu, dass Migrant_nnen manchmal – sogar wenn sie bereits längere Zeit in Österreich leben – ein einseitiges Bild von ihrem Aufnahmeland haben. Sie bewegen sich häufig an anderen Orten wie Einheimische, und viele Aspekte der Gesellschaft und der politischen Kultur bleiben ihnen fremd, weil sie die Geschichte nicht kennen. Deshalb hat Talk Together im Rahmen des von der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung geförderten Projekts vier Exkursionen mit unterschiedlichen Themen organisiert. Die Exkursionen haben neu in Österreich Angekommenen die Möglichkeit geboten, in einem gemeinsamen Lernprozess mit in Österreich aufgewachsenen Menschen die Geschichte, die Kultur sowie die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Landes zu erkunden.
Resume
Die Teilnehmer_innen der Wien-Exkursion zeigten sich von der Führung durch das Parlament und die Einführung in die Geschichte des Roten Wien sehr beeindruckt. Vom Besuch im Parlament ist neben der Geschichte dieses Hauses vor allem der Ausspruch unseres Führers Ernesto im Gedächtnis geblieben, der immer wieder betonte: „Das ist unser Haus!“ Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass wir alle für die Demokratie in dem Land, in dem wir leben, mitverantwortlich sind. Mit großem Interesse haben die Teilnehmer_innen auch die Führung im Karl-Marx-Hof verfolgt. Sie zeigten sich beeindruckt von der Reformpolitik im „Roten Wien“, die sich durch alle Lebensbereiche der Menschen zog, von der Umverteilung des Reichtums in Form einer Luxussteuer, welche zur Finanzierung der sozialen Projekte eingesetzt wurde, sowie von der Schönheit der Architektur der Gemeindebauten. Manche brachten auch zum Ausdruck, dass sie die Visionen, das Selbstbewusstsein und die Entschlossenheit von damals in der Politik von heute vermissten würden.
Einige von der Teilnehmer_innen wurden durch die Exkursion motiviert, sich eingehender mit den Themen zu beschäftigen und sich aktiv politisch zu engagieren. Das rege Interesse der Beteiligten hat uns motiviert und bestärkt, das Projekt auch in Zukunft fortzusetzen. Für uns hat sich damit bestätigt, dass die Menschen, je mehr sie erfahren, umso mehr Selbstvertrauen entwickeln, sich selbst in die Gesellschaft einzubringen. Gerade in einer Zeit, wo das Thema Integration in der öffentlichen Debatte mit Zwang und Bedrohung verbunden ist, halten wir es für besonders wichtig, das positive Potenzial der Flüchtlinge zu fördern und sie zu bestärken, sich als Teil der Gesellschaft zu fühlen. Deshalb haben wir uns sehr gefreut, dass auch das Salzburger Renner-Institut unsere Exkursion unterstützt hat.
Bericht Von Abdullahi A. Osman und Beate Wernegger