Wenn es dort draußen außerirdisches Leben gibt, wenn dieses die Technologie und Möglichkeit hat, bis zu uns zu kommen und wenn diese Außerirdischen nur halb so dumm wie wir sind, wollen wir sie besser nicht kennenlernen. So in etwa hat sich der berühmte Astrophysiker Stephen Hawking einmal über mögliches außerirdisches Leben geäußert. Wenn diese Aliens in Hollywood-Filmen zur Erde kommen, dann – so zeigt die Erfahrung – sollten wir uns diese Filme besser nicht anschauen. Das hat das Kinojahr 2016 mit Filmen wie Die Fünfte Welle oder Independence Day 2 gelehrt. Das katastrophenreiche Jahr 2016 ist noch nicht vorbei und das extraterrestrische Leben ist schon wieder da. Weil am Regiestuhl ein gewisser Denis Villeneuve sitzt, der mit Prisoners und Sicario seine Fähigkeit bewiesen hat, gebe ich Arrival trotzdem eine Chance. Wer weiß, vielleicht sind die Außerirdischen unter seiner Regie gar nicht so schlimm?
Louise Banks (Amy Adams) ist eine begnadete Sprachwissenschaftlerin. Während sie eine Vorlesung hält, tauchen zwölf unbekannte Flugobjekte auf der ganzen Welt auf. Kurze Zeit später steht die Regierung vor ihrer Tür und bittet sie um Hilfe bei der Übersetzung einer Alien-Nachricht. Schon bald steht sie neben dem Astrophysiker Ian Donelly (Jeremey Renner) in einem Alienraumschiff und versucht Kontakt aufzunehmen. Wie werden die Aliens aussehen? Kommen sie im Frieden oder bringen sie den Krieg? Louise trifft bald auf Außerirdische, was diverse sprachwissenschaftliche Kommunikationsschwierigkeiten aufwirft. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn auch andere Staaten wie Russland, China und Pakistan haben Kontakt aufgenommen. Sie alle erhoffen sich strategische Vorteile durch Alientechnologie. Das Misstrauen der Regierungen wächst und es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendjemand, etwa ein chinesischer General, einen Krieg mit ungewissem Ausgang gegen die Aliens beginnt. Während Louise an der intergalaktischen Kommunikationsbarriere arbeitet, wird sie immer wieder von Träumen und Gedanken an ihre verstorbene Tochter geplagt.
Verlassen wir Louise und Ian und wenden uns kurz der Sprachwissenschaft zu. Die Grundlage für Arrival ist nämlich die Sapir-Whorf-Hypothese, die simplifiziert ausgedrückt darauf hinausläuft, dass Sprache unsere Wahrnehmung und unser Denken prägt. Kennt eine Sprache etwa fünf verschiedene Differenzierungen einer Farbe, während eine andere die Farbe grob mit einem Vokabel zusammenfasst, nehmen die unterschiedlichen Sprecherinnen und Sprecher die Welt jeweils anders wahr. Diesen Gedanken nimmt Arrival auf und wird so zu einem Science Fiction Film, der tatsächlich seine Genre-Bezeichnung erfüllt. Auch wenn die Sprachwissenschaft übersetzt nicht der Science sondern eher den Humanities zufällt. Arrival nimmt sprachwissenschaftliche Ideen und treibt sie fiktiv an ihre theoretischen Grenzen und wohl auch ein bisschen darüber hinaus.
In Arrival steckt aber weit mehr als ein sprachwissenschaftliches Gedankenspiel. Neben den gelungenen Einfällen bezüglich der außerirdischen Kommunikation überzeugen am Ende eine gute Mischung aus Drama, eine vernünftige Botschaft und eine äußerst gelungene Cinematografie.
Leider weisen die ersten zwei Drittel einige Längen auf, die es bis zur Auflösung auszusitzen gilt. Wer schnelle wie dumme Emmerich-Action oder gar ein intensives Psychospiel wie in Prisoners erwartet, wird enttäuscht werden. Wer sich auf die ruhige Erzählweise und die ungewöhnliche Perspektive der Sprachwissenschaftlerin einlässt, bekommt mit Arrival einen äußerst intelligenten und vermutlich den außergewöhnlichsten Blockbuster des Jahres serviert. Filme in denen Aliens zur Erde kommen, sind meist schlecht. Aber Ausnahmen bestätigen auch diese Regel.
Arrival
Regie:Denis Villeneuve
Drehbuch: Eric Heisserer
Soundtrack: Jóhann Jóhannsson
Cast: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg, Mark O’Brien, Tzi Ma …
Laufzeit: 117 Minuten
FSK: ab 12
Kinostart: 24.11.16 (AT)