Politik

Personalnotstand bei der Polizei

posted by Christian Gredler 22. Februar 2017 0 comments

Wer selbst bei der Polizei arbeitet oder dort Freund_innen oder Bekannte hat, weiß: Spricht man Polizeibeamt_innen auf die Bedingungen und Umstände in ihrem Arbeitsumfeld an, ist schnell mal Schluss mit lustig. Beschreibungen wie „dauerhaft unterbesetzt“, „arbeiten oft an der Belastungsgrenze“ oder „die Personalsituation wird schön geredet“ sind keine Seltenheit. Es geht hier nicht darum, Panik zu machen oder krankhaft zu nörgeln, es geht vielmehr darum, aufzuzeigen, wie es mit der personellen Stärke bei der Salzburger Polizei tatsächlich ausschaut. Vom Sollstand ist man jedenfalls weit entfernt.

Innerhalb der Polizei wird seit etlichen Jahren auf die Personalmisere hingewiesen, vor allem von der Polizei-Gewerkschaft. Denn seit Jahren ist bekannt: Die Kluft zwischen dem Sollstand und der tatsächlichen Besetzung von Dienststellen mit Polizist_innen liegt weit auseinander. Vor allem das seit dem Jahr 2000 ÖVP-geführte Innenministerium, aber auch die Polizeiführung mit dem ÖVP-nahen Landespolizeidirektor Franz Ruf und ÖVP-Landeshauptmann Haslauer wiegeln ständig ab. Man würde gezielt falsche Zahlen verbreiten, Unsicherheit schüren und dieses Thema zu Wahlkampfzwecken missbrauchen, warf Dr. Ruf der Polizei-Gewerkschaft vor, als diese 2013 zum wiederholten Male auf die Personal-Umstände hinwies. Währenddessen verkündeten abwechselnd die jeweiligen Innenminister_innen, Salzburgs Landespolizeidirektor oder Landeshauptmann Haslauer Aufstockungen beim Personal. Nur angekommen sind diese oft zitierten Personaloffensiven bis heute nicht.

Ende 2017 fehlen etwa 200 vollzeitbeschäftige Polizist_innen

Was also innerhalb der Polizei jedem bekannt ist, aufgrund von Schönfärberei von Zahlen durch die Polizeiführung aber nicht an die Öffentlichkeit geriet, liegt nun erstmals offiziell vor: Im Bundesland Salzburg besteht ein eklatantes Loch zwischen der Soll-Besetzung und der tatsächlichen Besetzung von Dienstposten. Der Nationalratsabgeordnete Walter Bacher (SPÖ) stellte eine parlamentarische Anfrage an den Innenminister Wolfgang Sobotka, welche die tatsächlichen Zahlen offenlegte. Mit dem Stichtag 1.Oktober 2016 fehlten im Bundesland Salzburg 175 Vollzeitäquivalente (VZÄ), also vollbeschäftigte Polizist_innen.*

Der Fehlstand trifft dabei alle Bezirke, bis auf den Lungau. Dort sind die Polizeidienststellen fast vollbesetzt. In der Landeshauptstadt hingegen kann man davon ausgehen, dass der Fehlstand mit Ende Februar 2017 15,5 Prozent betragen wird. Denn viele Beamt_innen von der Stadt werden im Winter in den Wintersportorten im Innergebirg gebraucht. Im Flachgau betrug der Fehlstand an Polizeibeamt_innen mit Stichtag 1.Oktober 2016 der Fehlstand  laut Anfragebeantwortung des Innenministers 9,3 Prozent (19 Vollzeit-Polizist_innen), im Tennengau 14,5 Prozent (11 Vollzeit-Polizist_innen), im Pongau 11,1 Prozent (16 Vollzeit-Polizist_innen) und im Pinzgau 13,8 Prozent (21 Polizist_innen). In der Stadt Salzburg fehlten am Stichtwag gar 38 Polizist_innen.

Die Lage wird sich aber noch weiter zuspitzen. Mit Ende 2017 werden in Salzburg voraussichtlich knapp 200 vollzeitbeschäftigte Polizist_innen fehlen. Eine geringfügige Besserung dieser Situation ist frühestens mit 2019 zu erwarten. Diese Einschätzung ergibt sich daraus, wenn man altersbedingte Pensionierungen und erfahrungsgemäße Abgänge den neu ausgebildtene Polizist_innen gegenüberstellt.

Haben die Verantwortlichen geschlafen?

Da sich die Lücke zwischen dem Soll-Stand an Beamt_innen und dem realen Ist-Stand nicht über Nacht verschlechtert hat, muss man die Frage stellen, wie es so weit kommen konnte. Das Innenministerium, seit 17 Jahren in den Händen der ÖVP, müsste eigentlich schon seit Jahren gegenlenken und mehr Polizist_innen ausbilden. Denn mit den derzeitigen Kapazitäten findet man offensichtlich nicht das Auskommen. Dazu kommt noch, dass mittlerweile auch erfreulich viele Frauen den Beruf der Polizistin wählen. Die meisten davon gehen aber irgendwann in Karenz, genauso wie lobenswerter Weise auch immer mehr Väter. Denn zumindest der Papamonat erfreut sich auch bei der Polizei größer werdender Beliebtheit. Das Problem dabei: Obwohl diese Entwicklung bekannt ist, wurde sie nicht bei der Personalplanung beachtet.

Hätten die Innenminister_innen in den vergangenen Jahren vorausschauend gehandelt, hätten sie frühzeitig dafür gesorgt, die nötige Infrastruktur und das notwendige Personal für mehr Polizei-Ausbildungsklassen zur Verfügung zu stellen. Das ist leider nicht geschehen.

Mehr Ausbildungsplätze!

Zu Recht fordert daher Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl,der die wahren Zahlen gemeinsam mit seinem Parteikollegen Walter Bacher ans Tageslicht beförderte, die Ausbildungsplätze aufzustocken. Der Fehlstand sei ein Skandal, meint Steidl, und für die Polizist_innen eine unverantwortliche Mehrbelastung. Die Salzburger_innen hätten ein Recht darauf, dass der Stellenplan der Polizei eingehalten werde. Schon durch einen Kurs mehr könnten in Salzburg 25 Polizei-Schüler_innen mehr ausgebildet werden. Die Verantwortlichen, nämlich Innenminister Sobotka, Landespolizeidirektor Ruf und Landeshauptmann müssten endlich aufwachen.

„Schnellkurs-Grenzbeamte“ sofort zu vollwertigen Polizisten ausbilden!

Steidl schlägt darüber hinaus vor, jene 75 Vertragsbediensteten ohne fertige Polizeiausbildung, die im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 im vorigen Jahr in einem sechsmonatigen Schnellverfahren mit verkürzter Ausbildung für den grenz- und fremdenpolizeilichen Dienst ausgebildet wurden, bis spätestens 2019 ab sofort zu vollwertigen Polizist_innen auszubilden.

Die Polizei leistet hervorragende Arbeit. Dieser Fehlstand ist allerdings ein Skandal. Nicht zuletzt darum, weil dieser für die Polizist_innen selbst eine enorme Mehrbelastung darstellt.  Die Leute in Salzburg haben ein Recht darauf, dass die Polizeistellen voll besetzt sind. Ebenso wenig ist es akzeptabel, voraussichtlich bis 2019 warten zu müssen, dass sich der Missstand langsam verbessert. Ich erwarte mir daher von Landeshauptmann Dr. Haslauer, Polizeichef Ruf und dem verantwortlichen Innenminister Sobotka sofort gegenzulenken.
(Walter Steidl, SPÖ-Landesparteivorsitzender)

Würden diese Bediensteten zusätzlich zu den restlichen Polizei-Schüler_innen eine volle Ausbildung erhalten, wäre es laut Steidl möglich, bis 2019 den derzeitigen Fehlstand zu halbieren. Damit solle sofort begonnen werden, lautet die Forderung an den Innenminister, Salzburgs Polizeichef Ruf und Landeshauptmann Haslauer.

 


* Ein VZÄ kann sich beispielsweise auch aus zwei Halbzeitbeschäftigten zusammensetzen.

Titelbild: Metropolico.org

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