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Bevölkerung steht hinter Frauenhäusern: „Wir werden nicht aufgeben!“

posted by Michaela Ferschmann 20. Juni 2020 0 comments

Doris Weißenberger, die langjährige Leiterin des Halleiner Frauenhauses ist überwältigt vom großen Zuspruch der Bevölkerung, den sie am Samstag beim Schweigemarsch in Hallein für den Erhalt der autonomen Häuser in Hallein und Salzburg erfahren hat:

Doris Weißenberger.

„Über 200 Menschen waren gekommen. Darunter auch viele Halleinerinnen und Halleiner und sehr viele ehemalige Bewohnerinnen. Das Feedback auf die Demo ist riesengroß. Von allen Seiten hören wir, dass man weiterhin auf unserer Seite steht und sich für uns einsetzen möchte“, freut sie sich. „Wir werden nicht aufgeben,“ ist sich die Psychotherapeutin gewiss, die seit 1994 im Haus mitarbeitet und seit 2001 mit neun Mitarbeiterinnen das Haus führt.

Birgit Thaler-Haag.

Auch Birgit Thaler-Haag, die langjährige Leiterin des Salzburger Frauenhauses ist überwältigt vom großen Zuspruch, den sie in Hallein bei der Demo und auch noch an den Tagen danach erfahren hat.

Die Juristin arbeitet seit 22 Jahren für das Frauenhaus Salzburg und leitet es seit 2006.

Ihre 17 Mitarbeiterinnen kümmern sich zum Teil schon über 20 Jahre lang um Frauen in Not, die meist auch mit ihren Kindern vor der häuslichen Gewalt ins Frauenhaus flüchten müssen.

Die SPÖ-Frauen Tennengau rund um Bettina Brandauer (stv. Bezirksfrauenvorsitzende Tennengau) und Ingrid Zimmerling (Stadtparteivorsitzende SPÖ Hallein) riefen zu diesem Schweigemarsch auf. Die SPÖ-Frauen sahen sich dazu gezwungen, weil Neos-Frauenlandesrätin Andrea Klambauer trotz österreichweiter scharfer Kritik die Ausschreibung der 30 Jahre alten und funktionierenden Strukturen durchboxen will.

Der des. Landesparteichef der SPÖ, David Egger (rechts) marschierte ebenfalls mit am Samstag, links der Halleiner Bürgermeister Alexander Stangassinger.

Die noch lange nicht absehbaren Folgen der Corona-Krise – sowohl vom Ansteckungs- und Maßnahmenverlauf als auch vom Gewaltschutzaspekt her – bilden an sich ein No-Go für größere Veränderungen, insbesondere, wenn es laut Aussagen von Klambauer zu einer Reduzierung der Sicherheitsstufe und Anzahl der Plätze kommen soll.

Hinzu kommen der fehlende sachliche Grund, nur die Frauenhäuser in Salzburg und Hallein EU-weit ausschreiben zu lassen, sowie die von Stadträtin Anja Hagenauer aufgezeigten rechtlichen Problempunkte des konkreten Ausschreibungstextes.

Ausgangsbeschränkungen und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise haben in Österreich das Problem der häuslichen Gewalt verschärft. “Wir haben derzeit 43 Prozent Anrufe mehr”, sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser, in einem Gespräch mit der APA vergangene Woche.

Aufgrund der zahlreichen Medienberichte zur Neuausschreibung der beiden Salzburger Frauenhäuser ist jedoch ein deutlicher Rückgang an schutzsuchenden Frauen in Hallein und Salzburg erkennbar. „Genauso wie die Frauen bei uns im Haus fragen sich auch diejenigen, die eigentlich bei uns Hilfe suchen möchten, ob und wie lange wir ihnen noch Schutz gewähren können“, berichtet Thaler-Haag. „Es herrscht eine große Verunsicherung. Und das ist gerade jetzt in der Corona-Krise ein Wahnsinn. Denn gewaltbereite Männer, die dann auch noch in Kurzarbeit oder arbeitslos zu Hause bleiben, können diesen Frauen und Kindern noch viel gefährlicher werden.“

Auf den Punkt gebracht hat die Journalistin Elfriede Hammerl dazu passend die Brisanz der Situation in einem Kommentar im „Profil“ am Samstag: „In Frauenhäuser flüchten Frauen nicht, weil sie schmollen, dass ihnen der Schatzi keine Rosen zum Hochzeitstag geschenkt hat, sondern weil ihr Ehemann oder Lebensgefährte oder Exfreund sie und womöglich auch ihre Kinder an Leib und Leben bedroht. Jede Frau, die einem Gewalttäter entkommen möchte und in ein Frauenhaus flieht, flüchtet aus einer hochriskanten Situation und setzt sich einem hohen Risiko aus, weil Gewalttäter ihr Opfer meistens nicht so einfach freigeben wollen.“

Stimmen:

Bettina Brandauer (stv. Bezirksfrauenvorsitzende Tennengau):
„Die autonomen Frauenhäuser sind elementare Opferschutzeinrichtungen in Österreich und garantieren die bestmögliche Betreuung und den höchsten Schutz für von häuslicher Gewalt bedrohten Frauen und Kinder. Unabhängig von politischer Einflussnahme und Institutionalisierung steht das Wohl von Frauen und Kindern an erster Stelle. Wohnungen in Siedlungsgebieten sind kein Ersatz für Frauenhäuser. Höchste Sicherheitsmaßnahmen, Anonymität und die Erfahrung und Expertise der Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern bieten den traumatisierten Frauen und Kindern Schutz. Frauenhäuser brauchen keine neuen Trägerschaften, sondern bestmögliche Unterstützung, substanzielle Aufstockung der Mittel und langfristige finanzielle Absicherung.“

Stephanie Posch (SPÖ-Frauenvorsitzende Tennengau):
„Uns war es ein extrem wichtiges Anliegen, diesen überparteilichen Schweigemarsch in Hallein für den Erhalt der autonomen Frauenhäuser in Salzburg und Hallein zu organisieren, um noch einmal auf die weitreichenden sozialen Konsequenzen der Ausschreibung durch Landesrätin Andrea Klambauer hinzuweisen. Wir fordern die Landesrätin auf, die Zerschlagung der autonomen Frauenhäuser zu stoppen!“

Anja Hagenauer (SPÖ-Sozialstadträtin, Stadt Salzburg):
Als „fachlich nicht nachvollziehbaren Justamentstandpunkt“ bezeichnet Sozialstadträtin Anja Hagenauer die Haltung von Landesrätin Klambauer auf einer rechtlich fehlerhaften Ausschreibung zu beharren, die nicht einmal einen klaren Kostenrahmen beinhaltet. „Diese Ausschreibung wird für die Bürger mehr kosten und ihnen weniger Sicherheit bringen“ ist Hagenauer überzeugtund fügt hinzu: „Experten der Polizei bescheinigen öffentlich, dass der sicherste Ort für Frauen, die von Gewalt bedroht sind, das Frauenhaus ist. Dieses Faktum ist und bleibt unbestritten. Wieso es nötig ist diese Strukturen zu zerstören und Frauen damit in Gefahr zu bringen, wird dabei von der Landesregierung aber nicht erklärt. Stattdessen wird die Arbeit der Salzburger Frauenhäuser lieber österreichweit im Parlament verunglimpft. Anstatt über ihre Parteikolleginnen in Wien ideologisch motivierte Falschmeldungen verbreiten zu lassen, sollte Landesrätin Klambauer lieber direkt mit den Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser vor Ort sprechen. Diese würden sich sicherlich über den ersten und einzigen Besuch seit ihrem Amtsantritt freuen.“

Denn die Alternativen zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalttätern, die die Landesregierung ins Feld führt, sind alles andere als vielversprechend. „Bei Klambauers Vorstellung von sogenannten „Schutzwohnungen“ mitten im ganz normalen Wohnblock, ist die Gefahr, die von Gewalttätern ausgeht, plötzlich auch für unbeteiligte Dritte Realität im Wohnumfeld. Wir können die Verantwortung für den Opferschutz nicht einfach auf die Gesellschaft auslagern. Diese Aufgabe ist ein Job für Profis und die arbeiten in den autonomen Salzburger Frauenhäusern. Ich sehe bei so einem unüberlegten „laissez faire“ Modell jedenfalls eine große Gefahr für die Anwohner, nicht nur in Saalfelden.“

Alexander Stangassinger (Bürgermeister Hallein):
„Das Frauenhaus in unserer Stadt Hallein leistet gute Arbeit, ist bestens verankert und wird von der Bevölkerung breit unterstützt. Viele Vereine sammeln immer wieder Spenden für das Frauenhaus. Ich appelliere noch einmal an Landeshauptmann Haslauer und Landesrätin Klambauer von der Ausschreibung Abstand zu nehmen, so wie ich das bereits in einem Brief an beide mitgeteilt habe. Wir Halleiner stehen zum Frauenhaus!“


Fotos: Adi Aschauer

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