Andreas Eisl berichtet für Hallo Salzburg vom (Vor)-Wahlkampf um die Präsidentschaft in Frankreich. In der bisherigen Beitragsserie hat er bereits folgende Themen beleuchtet:
1. Die Zersplitterung des linken Lagers
2. Das Politische System Frankreichs
3. Die Macht des Präsidenten in der 5. Republik
4. Die französischen Präsidenten seit De Gaulles
Jedem Präsidenten sein Versailles
Was in anderen europäischen Ländern bizarr erscheinen mag, ist es in Frankreich mittlerweile beinahe Tradition. Der Umstand nämlich, dass sich jeder Präsident mit zumindest einem großen Bauprojekt ein eigenes Denkmal setzt.
Zu Charles de Gaulles Vermächtnis gehört kein bestimmtes Gebäude, sondern vielmehr das Vorantreiben von großen Städtebauprojekten (villes nouvelles), um der rasch wachsenden Bevölkerung Frankreichs nach dem Ende des zweiten Weltkriegs Herr zu werden. Um Paris herum wurden zahlreiche neue Städte gegründet, sowie das bekannte Hochhausviertel La Défense begonnen.
Unter Georges Pompidou wird das gleichnamige Kunst-und Kulturzentrum Centre Georges Pompidou im Herzen von Paris gebaut, welches heute als eines der wichtigsten Museen für moderne Kunst weltweit gilt. Die offene Bauweise mit seinen bunten Rohren und Rolltreppen bildet auch heute noch einen starken Kontrast zur umliegenden alten Baustruktur.
Valéry Giscard d’Estaing eröffnet unter seiner Präsidentschaft das „forum des halles“ (Einkaufszentrum und Verkehrsknotenpunkt), ebenfalls im Herzen Paris und beginnt den Bau der „cité de sciences et de l’industrie“, einem großen Museum im Norden der Stadt.
François Mitterand wird zum großen Baumeister in Paris. Um zur Modernisierung der Stadt beizutragen, wird eine Vielzahl an Projekten umgesetzt. Dazu gehören das Musée d‘Orsay (entsteht in einem ehemaligen Bahnhof), die „grande arche de La Défense“, ein modernes Pendant zum Triumphbogen (siehe oben), die markante Glaspyramide vor dem Louvre, ein moderner Opernbau am Platz der Bastille, ein imposanter Neubau des Wirtschafts- und Finanzministeriums (kurz wie der gleichnamige Stadtteil Bercy bezeichnet), sowie die „Bibliothèque nationale de France“ mit ihren vier Hochhäusern in Buchform, die zumeist als Bibliothek François Mitterand bezeichnet wird.
Jacques Chirac zeigt sich weniger bauwütig. Während seiner Amtszeit wird das Stade de France in Saint Denis eröffnet, wo sich Frankreich nur kurz später zum Weltmeister krönt, sowie das Völkerkundemuseum am Quai Branly gebaut, welches mit Wandbegrünung neue Akzente in der Haupstadt setzt.
Unter Nicolas Sarkozy wird ein „pharaonischer“ Neubau des Verteidigungsministeriums („Hexagone Balard“) beschlossen, welcher schließlich 2015 fertiggestellt wird und einen Großteil der vormals verstreuten Büros an diesem Standort bündelt.
Dem immer noch amtierende Präsidenten François Hollande mangelt es hingegen auch kurz vor Amtsende noch an einem Denkmal für seine Präsidentschaft. In den nächsten Monaten wird es sich aber kaum mehr für ein großes städtebauliches Projekt ausgehen…
Fotos:
La Défense: SK Sturm Fan
Centre Georges Popidou: Nikolas Becker
Musee d’Orsay: Benh
Salle ovale: Vincent Desjardins
Stade de France: George M. Groutas
Verteidigungsministerium: Armée de l’air