Geschichte

Jakob Ihr: Portrait eines Buchenwald-Überlebenden

posted by Alexander Neunherz 2. Juni 2016 0 comments

Die Redaktion von „Hallo Salzburg” möchte an dieser Stelle Porträts von KZ-Überlebenden präsentieren, um so die Erinnerung an ihre Verdienste wach halten zu können. Das erste Porträt ist dem österreichischen Buchenwald-Überlebenden Jakob Ihr gewidmet.

Jakob Ihr, 1908 geboren, wurde 1939 in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht und überlebte dort den Terror bis zur Befreiung im April 1945. Nach dem Kriegsende arbeitete er bis Mitte der 1970er Jahre als Journalist. Die schweren körperlichen Entbehrungen während der KZ-Inhaftierung machten sich zunehmend bemerkbar, weshalb er bis zu seinem Tod im Jahr 1983 keinen Beruf mehr ausüben konnte. 1984 wurde Jakob Ihr posthum das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs von der Präsidentschaftskanzlei verliehen.
Herzlicher Dank gilt seiner Frau, Eleonore Ihr, welche im März 2011 für ein Interview mit den “Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen” zur Verfügung stand.

jakob-ihr_portraitfoto

Jakob Ihr wurde am 2. Oktober 1939 in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Den Marsch dorthin schilderte er so:

„Wir mussten die Waggons verlassen und uns zum Marsch ins Lager formieren. Unter starker SS-Bewachung wurden wir zu dem sieben Kilometer entfernten Lager getrieben. […] Viele alte und schwache, durch den langen Transport in den Viehwaggons entkräftete Menschen, die schon vier Tage ohne Nahrung und Wasser geblieben waren, hielten das Tempo nicht durch. 20 bis 25 Kameraden blieben, von den Kolbenhieben der SS getroffen, am Wege liegen und wurden von den SS-Leuten in den Straßengraben geworfen.“

Buchenwald war eines der größten Konzentrationslager in Deutschland. Zwischen 1937 und 1945 waren insgesamt rund 250.000 Menschen aus allen Ländern Europas dort inhaftiert. Nach seiner Befreiung berichtete Jakob Ihr von den dort erfahrenen Grausamkeiten der SS-Schergen.

„Nach den vielen Fasttagen, welche die SS verordnet hatte, war der einzige Gedanke der Häftlinge: Essen. Es ist unmöglich zu schildern, mit welcher Sehnsucht die vom Hunger Gequälten, die Kranken und die ausgemergelten Menschen auf das Erscheinen der Essenskübel warteten. Als diese schließlich eintrafen, ließ [Hauptscharführer, Anm.] Hinkelmann sie wieder fortschaffen.“

Besonders brutal war für die Häftlinge die Arbeit in einem Steinbruch. Die Arbeit dort wurde häufig von Strafkompanien ausgeführt. Über die dortige Arbeit wusste Jakob Ihr Folgendes zu berichten:

„Im Steinbruch wurden uns Felsbrocken im Gewicht bis zu 40 kg auf die Schultern geladen, die wir im Laufschritt zu den einzelnen Wachtürmen tragen mussten. […] Schon nach wenigen Stunden war die Verzweiflung so groß, dass eine Anzahl unserer Kameraden die SS-Männer ersuchten, sie zu erschießen.“

Quellen:
– Interview mit Eleonora Ihr, durchgeführt am 10. März 2011.
– Fein, Erich/Flanner, Karl (1987). Rot-Weiß-Rot in Buchenwald, Europaverlag, Wien.

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