„Asylanten-Pack, Wehrdienstverweigerer, Vaterlandsverräter und Feiglinge“
So werden vielerorts Menschen geschimpft, die extremste Strapazen auf sich genommen haben, um Bomben, Granaten und letztendlich dem sicheren Tod zu entkommen. Aus sinkenden Booten geborgen, aus dem Wasser gezogen und wiederbelebt, in Auffanglagern kaserniert, kilometerweit zu Fuß, dann mit Zügen und Bussen oft bis nach Österreich oder weiter bis Deutschland oder Schweden unterwegs. Denn andere Länder Europas haben sich mehrheitlich geweigert, allzu viele Flüchtlinge aufzunehmen.
Die vielen traumatisierten Kinder, Jugendlichen, Frauen und Männer aus Syrien, Afghanistan, Irak und dem Iran haben den Flüchtlingshelfer_innen im Herbst von ihren wochenlangen Strapazen viel erzählt. Auch von den grausamen Erlebnissen, die sie in ihrer Heimat zur Flucht gezwungen haben. Flüchtlingshelfer_innen müssen daher sehr stark sein. Die schlimmen Geschichten der halb verhungerten, verletzten und psychisch oft schlimm mitgenommenen Menschen gehen einem wirklich nahe. Jedes Mal nach dem Ende einer Schicht haben die vielen freiwilligen Helfer_innen Schwierigkeiten, nachts zu schlafen.
Dazu kommt noch, dass sie vielerorts auf Unverständnis seitens der einheimischen Bevölkerung stoßen. „Warum helfen Sie denn diesen Vaterlandsverrätern? Die sollen doch zu Hause bleiben und ihre Heimat verteidigen!“, hat mich einmal eine Salzburger Pensionistin vor dem Lager Saalachbrücke vor der Grenze angesprochen. Auf meine Aufforderung hin, doch einmal für eine halbe Stunde mit hinein zu kommen, um die Menschen im Camp kennenzulernen, hat sie nur die Schultern gezuckt und gemeint, das müsse sie nicht sehen. Sie wisse schon, was das für Leute sind.
Die Flüchtlingshelfer_innen helfen zusammen und stehen sich bei dieser psychisch belastenden Aufgabe zur Seite. Gemeinsam mit den unzähligen Dolmetscher_innen, allesamt ehemalige Flüchtlinge und Asylwerber_innen. Man trifft sich regelmäßig, um sich auszutauschen, um Trost zu spenden, um auch weiterhin den Flüchtlingen helfen zu können. Auch jetzt noch, wo die sogenannte Balkanroute dicht gemacht worden ist, und kaum mehr Flüchtlinge bei uns ankommen. Gemeinsam wird viel unternommen, man versucht, den Asylwerber_innen zu helfen bei der Wohnungssuche, sucht nach gespendeten Möbeln, Bekleidung und Deutschkursen.
Einige Flüchtlingshelfer_innen versuchen jetzt sogar, arabisch zu lernen. Freundschaften sind entstanden, man hat viel über die Herkunftsländer, über ihre uns gar nicht unähnliche Einstellung zum Glauben und letztendlich über sich selbst gelernt. Die Flüchtlingshilfe ist insgesamt eine Bereicherung fürs Leben. Man muss nur aufeinander zugehen, zuhören und verstehen. Vor fremden Menschen muss keiner Angst haben. Auch sie lernen viel von uns. Die dummen Gerüchte über die Benachteiligung der Frau, dass Moslems uns nicht die Hand geben wollen oder dass sie uns ihre Religion aufzwingen wollen, stimmen überhaupt nicht. Integration passiert dort, wo man aufeinander zugeht. Vor allem auch die Inklusion.
Europa ist ein buntes Land vieler Völker und muss sich nicht vor neuen positiven Einflüssen fürchten. Diese Menschen sind eine Bereicherung.
Foto: Flüchtlingshelfer_innen und Dolmetscher_innen bei der Lichterkette gegen die Grenzschließung wegen der Flüchtlinge an der Grenze Freilassing/Salzburg. (Foto: InfoMediaWorx)