Zu platt, oftmals geradezu peinlich und zu sehr auf prepubertäre Witze fokussiert …
Jährlich am 4. Juli feiern die Vereinigten Staaten ihre Unabhängigkeit. 1996 wurden die Feierlichkeiten allerdings von einer Alien-Invasion gestört, zumindest wenn es nach dem deutschen Regisseur Roland Emmerich geht, der in seinem Blockbuster Independence Day (1996) die Menschheit an den Rande ihrer Vernichtung führte. Das Weiße Haus wurde von einer Laserwaffe zerstört und Will Smith schlug einen Außerirdischen mit einem coolen Spruch auf den Lippen ohnmächtig. Die Effekte waren gut, das Drehbuch übertrieben patriotisch und für viele auch an vielen Stellen unglaubwürdig. Stichwort: Computervirus. 20 Jahre später präsentiert uns Emmerich mit Independence Day Resurgence (deutscher Titel: Independence Day: Wiederkehr) die erste Fortsetzung. In Interviews sprach der Regisseur bereits über mögliche Ideen für einen dritten Teil, den das Ende des zweiten Films mehr als nur andeutet.
Der Alien-Angriff 1996 hatte auch seine guten Seiten. Die Menschheit konnte durch die übermächtige Bedrohung ihre Differenzen überwinden. Seit 20 Jahren herrscht Friede auf Erden. Die Technologie, die aus den abgestürzten Raumschiffen gewonnen werden konnte, ermöglicht es den Menschen unter anderem die Gravitation zu überwinden. Helikopter gleiten ohne Rotoren durch die Luft, Kampfjets können schweben, es gibt Laserwaffen, am Mond ist ein Außenposten und selbst beim Saturn gibt es eine menschliche Basis. Die Menschheit ist allerdings nicht friedlich vereint, weil Friede und Freundschaft zu den typischen Eigenschaften der menschlichen Rasse zählen, sondern weil sie weiß, dass die Aliens zurückkommen werden und man dieser Bedrohung nur vereint entgegentreten kann. Die Welt, die in den ersten Minuten des Films angedeutet wird, ist interessant und es wäre spannend gewesen, hätte uns der Film mehr davon gezeigt und diese Kulisse mehr genutzt.
Während auf der Erde die Vorbereitungen für den Unabhängigkeitstag getroffen werden, wird auf dem Mond eine neue Waffe installiert. Der junge Pilot Dylan Hiller (Jesse T. Usher) trifft im Rahmen der Feierlichkeiten auf die Präsidentin der Vereinigten Staaten (Sela Ward), die sich im weiteren Film als komplett inkompetente Politikerin erweist. Dylan ist der Sohn des Weltenretters Steven Hiller (Will Smith), der in der Fortsetzung keinen Auftritt hat, was vermutlich zu den wenigen wirklich guten Karriere-Entscheidungen von Will Smith in den letzten Jahren zählt.
Auf der Mondbasis arbeiten Charlie Miller (Travis Trope) und Jake Morrison (Liam Hemsworth). Jake war früher mit Dylan befreundet, seit einem Unfall in der Pilotenakademie sind die beiden allerdings nicht mehr so gut aufeinander zu sprechen. Wie bei allen Charakteren werden ihre Schicksale und anfänglich eigentlich interessanten Hintergrundgeschichten schnell zugunsten platter Witzchen und One Liner geopfert.
Die Mondbasis darf schon bald ihre Macht demonstrieren, als sich das Weltall krümmt und ein fremdartiges Raumschiff auftaucht. Die führenden Politiker der Welt drücken sich vor der Entscheidung, wie man auf das Raumschiff reagieren solle und die Entscheidung bleibt bei der U.S.-Präsidentin hängen, die das U.F.O. kurzerhand mit dem neuen Mondlaser vernichten lässt, was sich, wie der weitere Verlauf des Films zeigen wird, nicht als die beste Idee herausstellt. Mit sehr viel Phantasie könnte man darin sogar Kritik an amerikanischer Sicherheitspolitik sehen, doch stützt der weitere Film diese These in keiner Weise. Zu platt, oftmals geradezu peinlich und zu sehr auf prepubertäre Witze fokussiert, präsentieren Emmerich und sein Tross neue Charaktere wie die Tochter des ehemaligen Präsidenten, Patricia Whitmore (Maika Monroe) oder alte Charaktere wie President Whitmore (Bill Pullman), Jasmine Hiller (Vivica A. Fox) oder David Levinson (Jeff Goldblum).
Wenn es dort draußen irgendwo Außerirdische gibt, müssen wir hoffen, dass sie diesen Film nicht sehen. Es ist davon auszugehen, dass sie sonst kommen und uns noch vor dem Jahr 2018 vernichten, einfach nur um zu verhindern, dass Emmerich einen dritten Independence Day-Film macht.
Während die schrulligen Charaktere teilweise sogar noch etwas liebenswerten Charme zu versprühen versuchen, darunter eine angedeutete homosexuelle Beziehung (Blockbuster – welcome to 2016!) verhindert der Film mit seiner gnadenlos schlechten Handlung und ihren zahlreichen Logiklöchern, dass man sich wirklich darauf einlassen kann. Es macht einfach wenig Sinn, dass ein Fischerboot irgendwo im nirgendwo problemlos mit Area 51 Kontakt aufnehmen kann – nachdem das gesamte Kommunikationsnetz der Erde zerstört wurde – und jede und jeder in Area 51 deren Botschaft hört. Es macht auch wenig Sinn, dass ein Rebellen-Führer die Alien-Schrift problemlos übersetzen kann. Das sind nur zwei Beispiele für ein Drehbuch, das sich nahezu komplett aus Un- und Schwachsinnigkeiten zusammensetzt.
Independence Day: Resurgence nimmt sich zu ernst und ist filmtechnisch zu professionell gemacht, um als Trash wie Sharknado abgetan zu werden. Vor allem die Effekte sind – wie auch beim Vorgänger – wirklich hübsch und gelungen. Der Film scheitert letztendlich völlig an der Handlung. Neben Emmerich waren am Skript Nicolas Wright, James A. Woods, Dean Devlin und James Vanderbilt beteiligt. Entweder haben hier zu viele Köche den Brei versalzen oder man hat sich absichtlich größte Mühe gegeben, bewusst knappe zwei Stunden Schwachsinn zu kreieren. Es ist schwer zu sagen, was die Motivation hinter diesem grausamen Drehbuch war, denn wie bereits erwähnt, gibt es durchaus Elemente wie die präsentierte alternative Realität mit der vereinten Menschheit, die großartigen digitalen Effekte oder auch einige der Charaktere, die Potential haben und Lust auf mehr machen. Es bereitet allerdings psychische Schmerzen, im Kino zu sitzen und als Augenzeuge zu beobachten, wie dieses Potential mit jeder weiteren Film-Minute gegen die Wand gefahren wird. Science Fiction Tropen werden geradezu nach einer Checklist abgearbeitet. Neu oder innovativ erscheint in diesem Film nichts, zu funktionieren leider auch nicht. Die obligatorische Szene, in der Hochhäuser bildgewaltig einstürzen, die spätestens seit Man of Steel zum Sommerblockbuster-Pflichtrepertoire gehört, macht noch keine gute Unterhaltung. Man könnte fast meinen, Emmerich will sich über das typische Blockbuster-Publikum lustig machen. Wir lachen nicht mit diesem Film, wir können leider auch nicht über diesen Film lachen. Am ehesten lacht Independence Day: Resurgence über uns.
Wenn es dort draußen irgendwo Außerirdische gibt, müssen wir hoffen, dass sie diesen Film nicht sehen. Es ist davon auszugehen, dass sie sonst kommen und uns noch vor dem Jahr 2018 vernichten, einfach nur um zu verhindern, dass Emmerich einen dritten Independence Day-Film macht. Ich könnte es ihnen nicht einmal verübeln.
Independence Day: Resurgence
(Deutscher Titel: Independence Day: Wiederkehr)
Regie: Roland Emmerich
Drehbuch: Roland Emmerich, Nicolas Wright, James A. Woods, Dean Devlin, James Vanderbilt
Soundtrack: Harald Kloser
Cast: Liam Hemsworth, Jeff Goldblum, Bill Pullman, Maika Monroe, William Fichtner, Jesse T. Usher, Vivica A. Fox, Charlotte Gainsbourg, Travis Trope,
Laufzeit: 120 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 24.06.16 (AT)
Ob sich ein Kinobesuch lohnt, hängt freilich vom jeweligen Geschmack ab: