Am 15. Oktober 2017 sind wieder einmal (vorgezogene) Nationalratswahlen. Auch in Salzburg wird davon einiges zu merken sein. Die Parteien werden in zunehmend kürzeren Abständen mit zunehmend mehr Wahlmaterialien auf sich, ihre Forderungen und Kandidat_innen aufmerksam machen. Doch welche Rolle spielt eigentlich das Bundesland Salzburg im österreichischen Parlament? Knapp formuliert: eine relativ geringe! Von insgesamt 183 zu vergebenden Mandaten haben es bei der letzten Nationalratswahl gerade einmal neun Salzburger_innen in den Nationalrat geschafft. Das sind gerade einmal 4,9 Prozent. Nachdem das österreichische Wahlsystem einigermaßen kompliziert funktioniert, lässt sich das Ausmaß der Vertretung freilich nicht 1:1 mit dem Ausmaß des Salzburger Einflusses auf das Wahlergebnis insgesamt gleichsetzen. Ein kleines Beispiel: Bei den Nationalratswahlen 2013 erhielten die Neos im Bundesland Salzburg 4,6 Prozent der Stimmen, schafften jedoch kein Mandat auf Landesebene. Diese Stimmen sind freilich nicht verloren, sondern zählen für die Mandatsverteilung der Kandidat_innen auf den Bundeslisten.
Fest steht jedoch: Obwohl Salzburger_innen 6,1 Prozent aller Wahlberechtigten in Österreich waren, wurde das Bundesland ‘nur’ durch 4,9 Prozent der Abgeordneten repräsentiert. Einerseits ist das Bundesland also nicht wirklich benachteiligt, andererseits doch ein wenig unterrepräsentiert. Ein Umstand, den die Wähler_innen allerdings ändern könnten. Würden mehr Salzburger_innen zur Wahl gehen, dann hätte das eine positive Auswirkung auf die Vertretungsmacht. Die Mandatsverteilung erfolgt nämlich nicht anhand des Anteils der Wahlberechtigten, sondern anhand der Anzahl derer, die tatsächlich zur Wahl gehen.
Welche Salzburger_innen werden also zukünftig im Nationalrat vertreten sein? Enorme Abweichungen und Bewegungen bei den Wahlumfragen/Sonntagsfragen (Volatilität) der letzten Tage und Wochen lassen zwar keinen seriösen Rückschluss darauf zu, wie die kommenden Nationalratswahlen ausgehen werden, für (einige) der Spitzenkandidat_innen wird man jedoch bereits jetzt sagen können, dass ihre Chancen ganz gut stehen, im Herbst in den Nationalrat einzuziehen. Hier ein Überblick:
Die ÖVP – Fragezeichen hinter Haubner und Eßl. Großes Fragezeichen hinter El Habbassi.
Während die Landeslisten der anderen Parteien bereits feststehen, lässt sich die ÖVP Salzburg besonders Zeit. Böse Zungen behaupten, Sebastian Kurz hätte die Landesliste noch nicht abgesegnet. Seit seiner Wahl zum Bundesparteiobmann unter als Bedingung daran geknüpften Statutenänderung hat er nämlich zumindest die Möglichkeit, sein Veto einzulegen. Bei den letzten Nationalratswahlen konnte die ÖVP in Salzburg (übrigens genauso wie die SPÖ und die FPÖ) zwei Mandate erreichen. Dank seines prominenten Listenplatzes (Platz 5) auf der Bundesliste schaffte es neben Peter Haubner und Franz Eßl mit Asdin El Habassi ein zusätzlicher Salzburger in den Nationalrat. Nachdem die ÖVP-Landesliste noch nicht bekannt ist, lässt sich über ihre zukünftigen Vertreter_innen im Parlament höchstens spekulieren. Bei gleichbleibendem Wahlergebnis sieht es allerdings eher schlecht aus, das zusätzliche dritte Mandat zu halten. Immerhin hat Sebastian Kurz bereits angekündigt, dass er die Bundesliste diesmal nur mit “Quereinsteiger_innen” besetzen will.
Die SPÖ – Walter Bacher, Cornelia Ecker und Michaela Schmidt
2013 zogen mit dem Pinzgauer Arbeitnhemer_innenvertreter Walter Bacher und der Flachgauer Geschäfsführerin einer Bio-Metzgerei Cornelia Ecker zwei “neue” Gesichter für die Salzburger SPÖ in den Nationalrat.
Seit ihrem Landesparteirat am 7. Juli 2017 ist amtlich: Auch bei den kommenden Nationalratswahlen vertraut die Salzburger SPÖ auf Walter Bacher und Cornelia Ecker. Nachdem es in der Vergangenheit nie weniger als zwei SPÖ-Kandidat_innen aus Salzburg über die Landesliste in den Nationalrat geschafft haben, ist davon auszugehen, dass Bacher und Ecker auch nach dem 15. Oktober noch Salzburger Interessen im Nationalrat vertreten werden. Zudem ist gilt es als wahrscheinlich, dass Bacher auch bei dieser Wahl das Grundmandat über den Wahlkreis Pongau/Pinzgau/Lungau schaffen wird. In Stellungnahmen zeigten sie sich jedenfalls bereits äußerst motiviert für den Wahlkampf: „Auch wenn diese Nationalratswahl schneller gekommen ist als geplant, brenne ich darauf, in den kommenden Monaten mit den Menschen in meinem Wahlkreis und dem ganzen Bundesland die Zukunft Österreichs zu diskutieren. Christian Kern ist der einzige, der eine klare Vision für Österreich präsentiert hat“, so Cornelia Ecker. Ähnlich äußerte sich Walter Bacher, der sich nicht weniger motiviert zeigte: „Ich bin optimistisch, dass wir im Bundesland Salzburg dazugewinnen werden. Der Plan A gibt Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit und forciert eine aktive Politik, bei der niemand zurückgelassen wird. Andere schüren Ängste, wir adressieren das Bedürfnis der Menschen auf eine sichere Zukunft und die Möglichkeit, sich selbst zu entfalten.“
Ob die Salzburger SPÖ ein drittes Mandat erringen kann, ist derzeit noch nicht vorauszusehen. Als großes Ziel wurde jedenfalls genannt, mit der Wirtschaftswissenschaftlerin und Expertin für Verteilungsfragen Michaela Schmidt (Listenplatz 3) erstmals auch ein Direktmandat über den Stadtbezirk zu erlangen.
Die FPÖ (und die FPS) – Marlene Svazek, Andreas Schöppl und Christian Pewny
Im Zuge der Nationalratswahlen 2013 schafften es zwei Personen über die FPÖ-Landesliste in den Nationalrat. Mit einem Schönheitsfehler: Die beiden (Ruppert Doppler und Gerhard Schmid) stellten sich im Zuge der Parteispaltung 2015 auf die Seite Karl Schnells, sind also seither Mitglieder Freien Partei Salzburg (FPS). Im Nationalrat wurden sie aus dem freiheitlichen Parlamentsklub ausgeschlossen und agieren seither als wilde Abgeordnete. Überraschenderweise kündigte Karl Schnell bereits an: „Wir wollen als FPS auch für den Nationalrat kandidieren.“ Doppler und Schmid könnten sich daher auch bei den kommenden Nationalratswahlen auf einem prominenten Landeslistenplatz wiederfinden. Mittlerweile wurde sogar bekannt, dass Schnell sogar bundesweit mit einer Freien Partei Österreichs antreten möchte. Die Chancen auf einen Wiedereinzug sind allerdings de facto ausgeschlossen. Immerhin müsste die FPS ein Grundmandat erkämpfen oder bundesweit 4 Prozent der Gesamtstimmen erkämpfen.
Für die FPÖ bedeuten die Neuwahlen am 15. Oktober unabhängig vom Wahlergebnis. Es werden wieder Vertreter_innen im Nationalrat sitzen, die auch tatsächlich der FPÖ zuzuordnen sind. Ihre Landesliste hat die FPÖ Salzburg bereits am 27. Juni 2017 von ihrem Landesparteivorstand beschließen lassen. Diese wird von Marlene Svazek angeführt. Auf den nächsten Listenplätzen folgen Andreas Schöppl, Volker Friefberger und Marlies Steiner-Wieser. In der Vergangenheit hat die FPÖ mit Ausnahme der Wahl 1999 (4 Mandate) immer nur höchstens zwei Mandate über die Landesliste erzielt. Obwohl die Salzburger FPÖ-Chefin es selbst als schwere Aufgabe bezeichnete, das Ergebnis von 2013 zu verbessern, hat sie als Ziel ausgegeben, ein drittes Mandat dazuzugewinnen. Wer nun tatsächlich für die FPÖ Salzburg einziehen wird, hängt unter anderem auch davon ab, ob Svazek überhaupt ihr Mandat antreten wird. Als Landesparteichefin stand bis jetzt immer der Landtagswahlkampf 2018 im Zentrum.
Die Grünen – Christine Steger
Seit ihrer Gründung 1986 haben die Grünen mit einer Ausnahme (kein Mandat bei der NRW 1999) bei jeder Nationalratswahl ein Mandat über die Salzburger Landesliste errungen. Sollte also nichts vollkommen Unvorhergesehenes passieren, ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren auch weiterhin eine Salzburger Grüne im Nationalrat vertreten sein wird. Allerdings nicht mehr durch die Politikwissenschaftlerin Birgit Schatz, sondern durch die Uni- und Landesbedienstete Christine Steger.
Bei der Landesversammlung am 1. Juli stellte sich Schatz, welche bereits seit 2009 im Nationalrat ist, zur Widerwahl auf Platz 1, schaffte es aber diesmal nicht einmal in die Stichwahl. Diese konnte Steger letztendlich mit 52 von 98 gültigen Stimmen (53 Prozent) gegen Michael Zichy entscheiden. Zichy wurde zwar auf Listenplatz 2 gewählt, hat damit aber de facto keine Chance auf den Einzug in den Nationalrat.
„Wir alle tragen dafür Verantwortung, dass niemand im Stich gelassen wird, wenn sich seine Lebensumstände – sei es auch nur temporär – ändern. Dazu braucht es Verteilungsgerechtigkeit und Solidarität“, so die Stellungnahme der frisch gewählten Nationalratskandidatin mit ernsthaften Chancen auf ein Mandat.
Die Neos
Wie bereits eingangs erwähnt, schafften die Neos bei ihrem ersten Antreten zu Nationalratswahlen kein Mandat über die Salzburger Landesliste, waren mit Josef Schellhorn jedoch dennoch mit einem Salzburger im Nationalrat vertreten. Seinen Einzug schaffte er dank dem prominenten vierten Platz auf der Bundesliste.
“Ich freue mich darüber, dass ich NEOS Salzburg bei der kommenden Nationalratswahl als Listenerster anführen darf. Wir NEOS sind eine kraftvolle Alternative zu den alteingesessenen Parteien, ihren eingefahrenen Machtstrukturen und Abhängigkeiten”, freute sich Schellhorn über seine Wahl zum Salzburger Spitzenkandidaten. Die Chancen, über diesen Weg in den Nationalrat zu kommen, sind eher marginal. Dank parteiinterner Machtstrukturen steht sein Wiedereinzug dennoch unter einem guten Stern. Mit Platz 5 auf der Bundesliste ist sein Mandat gut abgesichert. Unter der Voraussetzung freilich, dass es die Neos wieder in den Nationalrat schaffen. Derzeitige Umfragen sagen mit 4-5 Prozent voraus, dass der pinken Jungpartei der Einzug (nur) knapp gelingen wird. Die Kandidatur von Irmgard Griss könnte für die Neos (und Sepp Schellhorn) zum Rettungsanker werden.
KPÖ Plus
Auch wenn derzeitige Meinungsumfragen nicht vermuten lassen, dass dieser Zusammenschluss aus KPÖ und den von ihrer Mutterpartei ausgeschlossenen Jungen Grünen auch nur irgendeine Chance auf den Einzug haben, würde diese Überraschung mit großer Wahrscheinlichkeit bedeuten, dass ein zusätzlicher Salzburger ein Mandat im Nationalrat erhält. Auf der Bundesliste könnte Kay-Michael Dankl (bis vor wenigen Tagen Obmann der Grünen Bildungswerkstätte in Salzburg) eine tragende Rolle spielen.
Fotos:
ÖVP – Screenshot der Website der Salzburger Volkspartei
SPÖ – Arne Müseler
FPÖ – Pressefoto
Dei Grünen – Pressefoto
NEOS – Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS