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Zeitintensive unbezahlte Pflege-Praktika machen Nebenjobs so gut wie unmöglich

posted by Michaela Ferschmann 15. Juni 2020 0 comments

Das FH-Studium der Gesundheits- und Krankenpflege ist mehr als ein Fulltime-Job: Einer, bei dem man entweder gerade den Unterricht besucht oder als unbezahlte Praktikant_in bis zu 40 Stunden pro Woche im Krankenhaus oder im Altenheim arbeitet (siehe dazu auch Studie der AK am Ende des Artikels). In den wenigen Stunden, die wegen des Praktikums immer an unterschiedlichen Tagen frei sind, wird vor allem gelernt. Ebenso in den wenigen Wochen zu Weihnachten bzw. am Semesterende.  

Christina Mayrhofer, Vorsitzende der Studierendenvertretung für die Studienrichtung Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Salzburg. Foto: Michaela Ferschmann

„Aufgrund der oft flexiblen Zeiten während der gesamten Ausbildung ist es schwer möglich, einen passenden Nebenjob zu finden und auszuüben“, erzählt Christina Mayrhofer, die vorsitzende Studierendenvertreterin dieser FH-Fachrichtung. „Einige mussten schon aus Geldgründen das Studium aufgeben“, berichtet sie weiter. Denn für die Praktika erhalten die auszubildenden Fachkräfte keinen einzigen Cent. „Dazu kommt, dass wir den Parkplatz und das Mittagessen bei den meisten Praktikastellen privat bezahlen müssen“, schildert die 21-jährige Eugendorferin, die bereits kurz vor dem fünften Semester steht. Das bedeutet, neben den Studien- und ÖH-Gebühren haben die Studierenden auch noch Extraausgaben. Vereinzelt, vor allem bei den Altenheimen gibt es aber die Möglichkeit zu parken und eine Verköstigung für die Praktikant_innen.

Für viele junge Studierende ist daher diese Ausbildung nur möglich, wenn sie voll von den Eltern unterstützt werden. „Die finanziellen Mittel und Unterstützungen sind für sie sehr eingeschränkt, bzw. die Zugangsmöglichkeiten und Informationen dazu so gut wie gar nicht vorhanden. Falls die (finanzielle) Unterstützung der Eltern nicht da sein sollte/kann, ist die Finanzierung während der Studienzeit eben enorm schwierig. Dies kann zu einer Verhinderung des Studiums führen“, bedauert Mayrhofer.

Parallel zur FH läuft noch die bisherige Diplomausbildung, die per 31. Dezember  2023 ausläuft – dort bekommen die Pflegeschüler_innen jedoch ein Taschengeld, wodurch sie ihren Lebensunterhalt und die Extraausgaben zumindest teilweise bestreiten können. „In Bayern bekommen die Pflegeschüler zu Beginn für das Praktikum sogar 1.100 Euro und im dritten Jahr 1.300 Euro“ pro Monat, weiß Mayrhofer zu berichten.

„Es würde uns nicht verwundern, wenn zukünftige Auszubildende nach Bayern gehen, um Gesundheits- und Krankenpfleger_in zu werden. In Österreich haben wir das Gefühl einfach nicht wertgeschätzt zu werden für unsere Arbeit. Gut 60 Prozent der Praktikanten und Prakitkantinnen arbeiten nach kurzer Anlernzeit in den unterschiedlichen Bereichen als voll einsetzbare Pflegekräfte. Für wichtige Ausbildungsziele ist dabei von Seiten der Fachkolleg_innen in den Abteilungen oft wenig bis gar keine Zeit“, schildert die engagierte Studierendenvertreterin. Sie räumt aber auch ein, dass es durchaus Praktikastellen gibt, wo man nur zusätzlich eingeteilt ist und sich sehr intensiv um die Auszubildenden gekümmert wird. 

Aufgrund dieser Lage gibt es bei uns auch einige ältere Quereinsteiger, die erst nach ein paar Jahren mit einem Selbsterhalterstipendium zu studieren beginnen konnten. Ein paar haben sogar einen Kredit aufgenommen, um ihren Traumberuf erlernen zu können.“

Christina Mayrhofer, Studierendenvertreterin an der FH Salzburg


Die Corona-Krise hat die Notwendigkeit eines funktionierenden Gesundheitssystems drastisch vor Augen geführt. Um die hohe heimische Qualität zu halten, braucht es ausreichend gut ausgebildetes, motiviertes Personal. Allerdings scheitert die Politik seit Jahren an Lösungen zur Bekämpfung des drohenden Pflegemangels. Dass dafür auch die bessere finanzielle Absicherung der Leute in Ausbildung wichtig wäre, legt die AK-Studie nahe. Ein Taschengeld oder eine Aufwandsentschädigung bei den Praktika, wäre nicht nur gerecht, sie würde den Studierenden auch finanziell extrem weiterhelfen.

Foto: Pixabay

In Salzburg gibt es jährlich 80 Plätze zu vergeben, in Schwarzach 40. Trotz des Mangels an Pflegekräften sind im aktuellen Jahrgang Studienplätze frei geblieben. Gesundheitsreferent Christian Stöckl von der ÖVP hat in den Salzburger Nachrichten im September 2019 gesagt, dass es in Salzburg bis 2024 an 900 Pflegekräften fehlen wird. Trotzdem hat der Salzburger Landtag mit der Stimmenmerheit aus ÖVP, NEOS und Grünen im Mai 2020 den SPÖ-Antrag auf Aushandlung einer verbesserten Pflegeausbildung mit bezahlten Praktika abgeschmettert.

„Wir bekommen viel Unterstützung von Arbeiterkammerpräsident Peter Eder, vom neuen SPÖ-Landesparteichef David Egger und der SPÖ-Landtagsabgeordneten Barbara Thöny“, erzählt Christina Mayrhofer. Wir Studierendenvertreter sind jedoch unparteiisch. Wir wollen das auch bleiben, um für uns alle neutral weiter zu kämpfen“, erklärt sie weiter. „Aber wir geben nicht auf und werden uns weiterhin für eine bessere Wertschätzung unseres Studiums und letztendlich Berufes einsetzen.“

Die Umfrage der AK Salzburg vom Mai 2020 unter den Salzburger FH-Studierenden der Gesundheits- und Krankenpflege zeichnet ein deutliches Bild:

Insgesamt sind 59,4 Prozent der Befragten nach zwei Wochen bereits voll im Arbeitsprozess eingebunden und arbeiten großteils wie angestelltes Personal mit.
Zu 84,4 Prozent werden Praktikantinnen und Praktikanten dort eingesetzt, wo gerade Mangel herrscht und nicht dort, wo sie am meisten lernen können.

Mit 61,6 Prozent überwiegen Tätigkeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen.
Die Studierenden sind zu 93,5 Prozent an die betriebliche Arbeitszeit gebunden. Sie müssen Weisungen von Vorgesetzten befolgen und ihre Tätigkeit richtet sich nach dem Arbeitsanfall.
Über 81 Prozent werden auch am Wochenende eingesetzt, 62 Prozent an Feiertagen, 37 Prozent machen Nachtschichten. Mehr als 30 Prozent machen Überstunden.


Titelbild: Pixabay

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