Die Kosten für Strom sind in den letzten Monaten deutlich angestiegen und immer mehr Haushalte in Österreich leiden unter den hohen Preisen. Doch warum ist das eigentlich so? Was das sogenannte „Merit Order”-Modell damit zu tun hat, wie Strom- und Gaspreis zusammenhängen und welche Alternativen es gibt, erfährst du hier!
Wie wird der Strompreis ermittelt?
Der Strompreis wird nach dem sogenannten „Merit-Order-Prinzip“, festgelegt. Dabei wird zunächst Strom aus den Kraftwerken mit den niedrigsten Grenzkosten ins Netz gespeist und in weiterer Folge werden Kraftwerke mit höheren Grenzkosten zugeschaltet. Das passiert so lange, bis die Nachfrage schließlich gedeckt ist. Das teuerste Kraftwerk, also das, welches als letztes zugeschaltet wird, bestimmt dann den Preis des Stroms.
Woher kommt der Strom in Österreich?
Der Strom in Österreich wird aktuell zu rund 80 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen. Außerdem hat Österreich weder Atom- noch Kohlekraftwerke. Das bedeutet, dass der benötigte Strom nicht ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewonnen werden kann und weitere Kraftwerke zugeschaltet werden müssen. Es werden dann Gaskraftwerke zugeschaltet, weil Gas sehr schnell abrufbar ist und das Stromnetz so sehr rasch stabilisiert werden kann. So können also Stromausfälle vermieden und die Versorgungssicherheit hergestellt werden.
Warum ist der Gaspreis gestiegen und was hat das mit dem Strompreis zu tun?
Der Gaspreis ist jedoch rasant gestiegen, wofür es verschiedene Gründe gibt. Zum Beispiel ist die Nachfrage nach Energie nach der Coronapandemie weltweit gestiegen, schlichtweg weil die Wirtschaft wieder mehr produziert. Das Angebot an Energie ist weltweit hingegen gesunken, beispielsweise durch Dürren in Brasilien, durch welche weniger Strom mit Wasserkraft hergestellt werden konnte. Natürlich gibt es seit dem Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine aber auch politische Gründe für die rasante Steigung des Gaspreises.
Wie man also erkennen kann, wird Gas zunehmend für die Stromproduktion und Versorgungssicherheit benötigt. Der Gaspreis ist aktuell rekordverdächtig hoch. Aufgrund des zuvor erklärten „Merit Order“-Modells, bei dem das teuerste Kraftwerk den Preis bestimmt, werden die Strompreise gesamt in die Höhe getrieben.
Warum wurde so lange am „Merit-Order“-Modell festgehalten?
Doch warum wird an diesem Markt-Modell festgehalten, während die Strom- und Gaspreise immer weiter in die Höhe schießen? Das hat zum einen den Grund, dass immer zuerst erneuerbare Energien wie Wasser-, Wind- oder Solarenergie, in das Netz eingespeist werden. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass in vermehrt in diese erneuerbaren Technologien investiert wurde. Außerdem war das russische Gas lange Zeit sehr günstig, wodurch das Merit-Order-System zu niedrigen Preisen, Versorgungssicherheit und zur Reduzierung von Treibhausgasen beigetragen hat. Das System hat über 20 Jahre lang gut funktioniert, ist nun jedoch ins Wanken geraten.
Gibt es Alternativen zu „Merit Order“?
Eine Alternative zum „Merit-Order“-Modell findet man in der Schweiz. Dort wird der Preis nicht durch das teuerste Produkt bestimmt. Stattdessen muss die Energie in unserem westlichen Nachbarland zu jenem Preis weiterverkauft werden, zudem sie eingekauft wurde. Dadurch kann sich zwar der Preis für Öl und Gas erhöhen, jedoch nicht der Preis für Wind-, Wasser-, oder Solarenergie. So könnten auch in Österreich zahlreiche Haushalte finanziell entlastet werden. Da das „Merit Order“-Prinzip jedoch nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten Europäischen Union gilt, müsste das Thema auf EU-Ebene behandelt werden. Es wird aktuell auch diskutiert, Gas – zumindest kurzzeitig – aus der “Merit Order” herauszunehmen, um dem Steigen der Energiepreise entgegenzuwirken. Um den steigenden Preisen wirksam entgegentreten zu können, müsste das laut Expert:innen aber auch tatsächlich EU-weit passieren. Es gibt jedoch weitere Maßnahmen, mit denen man die Strompreise senken könnte. So haben beispielsweise Portugal und Spanien die Energiepreise gesetzlich gedeckelt oder Italien und Großbritannien eine Steuer für die zusätzlichen Gewinne der Energiekonzerne eingeführt.
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