Gesellschaft

“Von 9 Sprachen sind mir 2 geblieben” – Helga Rohra spricht über ihre Demenz

posted by Anja Hagenauer 16. September 2016 0 comments

„Wir gehen jetzt auf die Toilette. Und dann trinken wir etwas.“ Solche Worte hören viele Menschen mit demenzieller Erkrankung. Helga Rohra hat auch Demenz und sie sagt:

„Ich will nicht wie ein kleines Kind behandelt werden.“

Ich habe sie heute beim Carecamp Demenz kennengelernt, eine Demenzaktivistin, die weltweit unterwegs ist, um Tabus zu brechen. 130 demenzielle Erkrankungen gibt es. Ihre Demenz heißt Lewy Body, ist ziemlich häufig und geht oft mit Parkinson einher.

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Helga Rohra beim Carecamp Demenz in Salzburg

Von 9 Sprachen sind 2 geblieben

Wenn man mit ihr spricht, dann merkt man nichts. Sie erklärt mir dann, dass sie von den 9 Sprachen, die sie gesprochen hat, nur mehr 2 beherrscht. Beide hat sie in der Kindheit gelernt: Deutsch und Englisch. Und dann erzählt sie von ihren Halluzinationen, die sie ständig hat. Sie spricht mit mir und  gleichzeitig sieht sie neben mir einen Bach an dem sie mit anderen Kindern spielt. Sie erlaubt mir es als visuellen Tinnitus zu bezeichnen. Die Halluzinationen begleiten sie ständig. „Ich hätte das bekämpfen können, auch mit starken Medikamenten. Aber ich habe sie angenommen. Ich lebe damit, es sind sehr viele Bilder aus der Kindheit dabei. Das ist gut.“ Meint Helga Rohra mit einem Lächeln. Diese positive Einstellung treibt sie auch an, Demenz in den Alltag aller Menschen zu tragen. Sie will teilhaben und ihre Berufung ist es, anderen Menschen mit Demenz auch zu mehr Selbstbestimmung zu verhelfen.

Emotionen lassen uns leben

Als ihr mit 54 Jahren Demenz diagnostiziert wurde, landete sie bald in Hartz IV, sie wollte aber nicht vom Staat leben und hat beschlossen als Demenzaktivistin durch die Lande zu reisen. Ja, diese Frau begeistert, nimmt einem die Angst vor Menschen mit Demenz. Sie beantwortet offen die Fragen, fordert ein, gehört zu werden. Mit 150 Vorträgen im Jahr ist sie auch unüberhörbar. Auch bei der Digitalisierung ist sie dabei, sie sieht es positiv und berät Firmen wie Apple und Nokia. Aber das Wesentliche bleibt der Mensch. „Was uns leben lässt sind die Emotionen. Und das erleben wir mit anderen Menschen. Ob mit Demenz oder ohne.“ ist Rohra überzeugt. Und sie hat mich bestärkt unser Projekt „Demenzfreundliche Stadt Salzburg“ weiter zu machen.

Mehr Infos zu Helga Rohra und ihrem Verein TrotzDEMenz

Demenzfreundliche Stadt Salzburg – Konfetti im Kopf


Dieser Text wurde zuerst auf Zartbitter veröffentlicht.

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