Gesellschaft

Über die Kommerzialisierung des Feminismus

posted by Rebekka Winter 27. März 2017 0 comments

…und warum diese gut ist!

In letzter Zeit fiel mir auf Instagram auf, dass immer mehr Instagrammer_innen feministische Botschaften über ihre Kanäle verbreiten. Bisher wurde Feminismus  oft als das Interesse einer verrückten, linken Randgruppe dargestellt. Rechte Rhetorik hat dazu geführt, dass in den Köpfen vieler beim Gedanken an Feminismus sofort brennende BHs, Frauen in Männerkleidern und männerhassende Lesben auftauchen.

Was aber, wenn sich das nun langsam, aber sicher ändert?

Ich habe mich mit verschiedenen Frauen auseinandergesetzt, die mit ihrem Engagement  den Feminismus einem breiteren Publikum zugänglich machen. Besonderes Augenmerk habe ich auf jene gelegt, deren Erscheinungsbild nicht unbedingt den alten (und ohnehin oft falschen) Klischees entspricht.

Emma Watson

Eine der bekanntesten derzeitigen Vertreter_innen des Feminismus und der Gleichstellung der Geschlechter ist wohl Emma Watson. Unlängst habe ich in einem Artikel gelesen, wie Emma Watson ihre Marke – gemeint war ihr Image und ihre Bekanntheit – nutzt, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben. Während andere ihren Bekanntheitsgrad nutzen, Parfums und Schminke auf den Markt zu bringen und zu promoten, nutzt Emma Watson die Gelegenheit, Fragen der Gleichstellung zu adressieren. Das größte Aufsehen erregte wohle ihre #HeForShe-Rede vor den Vereinten Nationen. Die Schauspielerin nutzt alle ihr zur Verfügung stehenden Kanäle, um für gender equality zu werben. Regelmäßig tritt sie mit feministischen Botschaften auf und bekennt sich klar zur Gleichstellung der Geschlechter. Sei es durch ihre Teilnahme an einem Womens’ march in den USA, ihre unzähligen Interviews zu Gleichstellung, ihre Reden in verschiedensten Foren und Settings. Entscheidend dabei ist, dass sie authentisch in ihrem Handeln wirkt. Wenn sie sich weigert im Film “Die Schöne und das Biest“ ein Korsett zu tragen,um sich frei bewegen zu können, erhöht dies ihre Glaubwürdigkeit. Mit ihrer Bekanntheit und ihrem unermüdlichen Einsatz sorgt Emma Watson dafür, dass Themen der Gleichstellung immer wieder Beachtung in Medien und den sozialen Netzwerken findet. Dadurch werden viele Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen erreicht. Emma Watson hat entscheidend dazu beigetragen, dass Feminismus seinen Weg in die Mitte der Gesellschaft gefunden hat.

Feminismus bei Facebook!? Sheryl Sandberg

In der Geschäftswelt ist Sheryl Sandberg eine bekannte Vertreterin des Feminismus. Sie ist Chief Operating Officer bei Facebook. Ungeachtet Facebooks fragwürdiger Datenpraktiken und legt der Konzern sehr viel wert auf die Förderung von Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter. Wenngleich das Angebot des Social Freezings eher in die Kategorie „gut gemeint“ fällt, ist Facebook im Bereich Frauenförderung mit Sicherheit Vorreiter. Verantwortlich dafür ist vor allem Sheryl Sandberg, die Frauen dazu auffordert, ihr Potential auszuleben und mutig für sich einzutreten. Ihr Buch “Lean In. Women, work and the will to lead“ hat die Bestsellerliste der New York Times und von Amazon angeführt. Sie hat Frauen weltweit dazu aufgefordert, “Lean In Circles“ zu gründen. In “Lean In Circles“ treffen sich Frauen, um sich gegenseitig zu beraten und zu bestärken, ihre Ziele zu erreichen. Auf der Homepage der Lean In Circles liest man: „Lean In Circles are small groups who meet regularly to learn and grow together, and they’re changing lives. Women are asking for more, stepping outside their comfort zones, and leaning in“. Auf der Homepage leanincircles.org wird genau erklärt, wie man einen Circle gründen kann und welche Partizipationsmöglichkeiten es (auch für Männer) gibt.

Jessica Bennett

Jessica Bennetts Buch “Feminist Fight Club“ gibt Tipps und Tricks, wie man sich gegen Sexismus in der Arbeit wehren kann. Jessica Bennett ist als Journalistin in den USA tätig. Wie Sheryl Sandberg und Emma Watson ist auch sie in ihrem Bereich sehr erfolgreich. Ihre Erfahrungen in der Berufswelt veranlassten sie, darüber zu berichten und Tipps und Tricks, die ihr selbst halfen, weiterzugeben.

Emma Watson, Sheryl Sandberg  und Jessica Bennett sprechen ein breites Publikum an, dass weit über die Kreise von Feminist_innen und linken Aktivist_innen hinausgeht. Genauso wie Chiara Ferragni und alle anderen Instagramer_innen. Manche mögen ihnen vielleicht unterstellen, dass ihr Feminismus zu wenig links, zu sehr Mainstream oder zu wenig kämpferisch sei. Doch gerade, weil sie nicht mit der Ideologiekeule daherkommen, sondern mit ihren Erfahrungen, erreichen sie Frauen und auch Männer, die sonst nicht in Berührung mit Feminismus kommen würden. Feminismus ist nicht nur irgendeine verquere linke Weltanschauung, sondern das längst überfällige Einfordern von  Gerechtigkeit für Frauen.

Instagram!

Auch auf Instagram sieht man immer öfter Instagrammer_innen, die feministische Botschaften verbreiten. Instagram ist bekannt dafür, Oberflächlichkeit, Sexismus und Selbstdarstellung zu befeuern. Es ist nicht gerade die Plattform, die einem in den Sinn kommt, wenn man über Feminismus nachdenkt. Trotzdem tragen Instagrammer_innen dazu bei, den Feminismus in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Einerseits gibt es klassische Accounts, die auf den ersten Blick als feministisch erkennbar sind (@theriotgrrrlproject, @frances_cannon, @amberibarreche und viele mehr), andererseits gibt es kommerzielle Instagrammer_innen, die genau in diesem Spiel aus Oberflächlichkeit und Sexismus mitspielen. Chiara Ferragni ist eine erfolgreiche Unternehmerin. Bekannt wurde sie durch ihren Fashionblog und Instagram. Auf Instagram folgen ihr 8,2 Millionen Menschen – in Zahlen gesprochen, fast ganz Österreich. Auf ihrem Instagram-Account zeigte sie sich mehrmals im “We should all be feminists“- T-Shirt. Andere Blogger_innen sind gefolgt. Es fällt nicht schwer, auf die Doppelmoral hier zu verweisen. Trotzdem aber erreichen Chiara Ferragni und andere täglich Millionen und fungieren als Vorbilder. Sie verbreiten also Werthaltungen und Normen und erreichen damit ein breit gestreutes Publikum weltweit.

So what?

Erfolgreiche Frauen aus den unterschiedlichsten Hintergründen setzen sich für feministische Ideen weltweit ein. Ideologisch kann man sie ganz und gar nicht in irgendwelche Kategorien zwingen. Feminismus ist nicht nur linke Ideologie, sondern sollte wie das Bekenntnis zur Demokratie eine Haltung sein, die alle Menschen teilen. Emma Watson, Sheryl Sandberg, Jessica Bennett und Chiara Ferragni haben (hoffentlich) eine politische Meinung – klassische linke Aktivistinnen sind sie jedoch sicher nicht. Sheryl Sandberg arbeitet immerhin für einen der wichtigsten (kapitalistischen) Konzerne in führender Position.

Was sie alle jedoch eint, ist, dass sie feministische Ideen einem breiten Publikum zuführen und wieder aufleben lassen. Sie bringen Ideen der Gleichstellung in die Mitte der Gesellschaft und stehen im krassen Gegensatz zu längst überalterten Vorurteilen.

Feminismus ist im Mainstream angekommen.
Und das ist sicher nicht schlecht.

Dieser Text wurde zuerst auf Blog1 veröffentlicht.


Titelbild: Emma Watson attends ‘Beauty and the Beast’ Press Conference held at the Montage Hotel in Beverly Hills, CA – 5 Mar, 2017
Foto von Sheryl Sandberg: World Economic Forum

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