Unter diesem Titel diskutierten der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl und der BSA-Landesvorsitzende Josef Weilhartner mit Vertreter_innen der roten Jugendorganisationen (JUSOS, aks, VSStÖ, Salzburgs Töchter) am Abend des 6. Juni 2017 in der Academy Bar vor eine Kulisse, wie man sie hier sonst von Public Viewing Events kennt. “Ich habe zwei Ohren mitgebracht und eine Feder”, verkündete Steidl gleich zu Beginn der Veranstaltung und signalisierte damit, dass es ihm vor allem darum geht, zuzuhören und die Anliegen der Jugend aufzugreifen.
„Salzburg ist zu wenig attraktiv für junge Menschen“, lautete reflexartig der Befund von Sebastian Panosch von der Aktion kritischer Schüler_innen und dürfte damit den Nerv vieler der Anwesenden getroffen haben, wie die Zustimmung im Raum zeigte. „Während im Bundesland Salzburg das ganze Angebot auf den Tourismus auslegt ist, bleibt für Jugendliche, die hier leben, nur wenig übrig. Wenn ich als Schüler ins Museum der Moderne gehen möchte, muss ich dafür 6 Euro bezahlen. Kein Wunder, wenn sich junge Menschen dann nicht für Kunst interessieren”, präzisierte er.
Ins selbe Horn stieß auch der JUSOS-Landesvorsitzende Tobias Aigner: „Unsere Sommerkampagne trägt nicht umsonst den Titel ‚Wir sind hier nicht auf Urlaub‘. Junge Menschen können es sich einfach nicht leisten, 365 Tage im Jahr Tourismuspreise zu zahlen. Das betrifft Mieten, die eher an Hotelpreise erinnern, ebenso wie den Mangel an konsumfreien Räumen, wo man auch ohne Geld ausgeben zu müssen, seine Freizeit verbringen kann. Salzburg soll nicht nur leistbar, sondern auch lebenswert sein.“
Jugend selbst verantwortlich?
„Ein Grundproblem der heutigen Jugend besteht darin, dass sie die Politik dafür verantwortlich macht, zu wenige Angebote zu schaffen, aber nicht begreift, dass es in ihrer Verantwortung liegt, die Initiative zu ergreifen, sich zu organisieren und Dinge selbst mitzugestalten. Nur die Jugend kann wissen, was die Jugend braucht“, nahm der BSA-Landesvorsitzende Josef Weilhartner bewusst auch die jungen Menschen selbst in die Pflicht und stellte mit Bedauern fest: “Bei der freien Szene etwa fallen mir immer dieselben Dinge ein, die es bereits seit Jahrzehnten gibt. Mir fehlt da Innovation und das Neue.”
“Die freie Kulturszene kann und muss sich ihren Raum selbst erobern und erkämpfen”, stimmte Steidl zu, gab aber auch zu bedenken: “Die Aufgabe der Politik besteht darin, neue Entwicklungen zu unterstützen.”
Dem entgegnete Janine Heinz von Salzburgs Töchtern, dass politisches Engagement mittlerweile zu einem Luxusgutgeworden sei: „Viele junge Menschen, speziell Nichtakademiker_innen, haben schlicht keine Zeit dafür, sich politisch zu engagieren. Wenn wir einer Servicekraft in der Gastronomie sagen, sie solle sich zwischen den Teildiensten von 9-14 und 17-23 Uhr die Zeit für Politik nehmen, brauchen wir uns über die Politikverdrossenheit nicht wundern.“ Ein Zustand, den Tobias Aigner nur wenig verwundert: „Gerade die jüngeren Generationen werden schon von klein auf zu einem Do-it-Yourself-Kannibalismus gedrillt. Wir stehen in einem ständigen Konkurrenzkampf – dein Freund oder deine Studienkollegin könnte im nächsten Moment schon deine Konkurrent_in sein, wenn du dich um einen Job bewirbst.“
War unter Kreisky alles besser?
Einigkeit bestand am Podium dahingehend, dass sowohl, eine Hol-, als auch eine Bringschuld besteht und Politik kein Lieferservice ist, sondern von der Partizipation aller lebt. Und wie meistens, wenn mehrere Leute mit sozialdemokratischem Bezug miteinander diskutieren, fiel auch diesmal das Thema auf Bruno Kreisky. Während die heutige Jugend geprägt von Krisen und einem Wettbewerbsethos gepaart mit Wohlstand eher dazu angehalten seien, auf ihre Karriere zu schauen, statt sich politisch zu engagieren, sei der Spirit damals anders gewesen, so der Tenor. „Meine Eltern hatten sechs Jahre Volkschule, gemeinsam. In unserem Haus gab es kein einziges Buch. Wie viele bin auch ich selbst ein Produkt von Kreiskys Bildungspolitik. Wir haben es nicht nur aufgrund unseres Fleißes geschafft, sondern weil uns in alle Richtungen Möglichkeiten eröffnet wurden“, erzählte Weilhartner.
“Am heutigen Abend zumindest die jugendliche Politikverdrossenheit nicht sehr ausgeprägt”, meinte daraufhin Walter Steidl mit Blick ins prall gefüllte Publikum und ergänzte: „Mit Kreisky wird man heute nicht reüssieren können, sehr wohl aber mit dem Geist, der dahinterstand, dass die Welt gerechter werden muss. Möglich war das damals, weil sich Europa im Umbruch befand. Doch auch heute ist das der Fall. Hier sehe ich sehr wohl die Politik und die Parteien in der Pflicht, junge Menschen im besten Sinne des Wortes zu politisieren. Damit meine ich: Klarmachen, wie wichtig es ist, für sich selbst einzustehen und sich einzumischen. Wer nicht Politik macht, mit dem wird Politik gemacht.“
Fotos: Arne Müseler