Oder: Ob die Salzburger Altsstadt für Autos gesperrt werden soll
Ein regelmäßige Kolumne über Mensch und Verkehr
Auf Hallo Salzburg möchte ich, der Stangerlfahrer, die Sicht auf den Verkehr und die davon betroffenen Menschen aus einer völlig anderen Sicht reflektieren. Immer wieder liest man von der Stauhauptstadt Salzburg, von Expert_innenkommissionen und auch von verärgerten Fahrgästen. Doch eigentlich niemand berichtet über die unzähligen Busfahrer_innen der Stadt Salzburg. Das will ich hiermit ändern….
Bisherige Kolumnenbeiträge:
#1 Ich bins, dein Stangerlfahrer
Der Sommer ist seit der letzten Kolumne ins Land gezogen und mit ihm die üblichen Debatten über den Verkehr, vor allem in der Stadt Salzburg. Darunter fallen unter anderem der in der Bevölkerung eher verhasste Sommerfahrplan, sowie die Frage, was man mit der Altstadt Salzburg – vor allem während der Fesspielzeit – macht. Sperren? Teileweise sperren? Nur sperren, wenn es regnet bzw. mit irgendwelchen Pförtnerampeln regeln? Oder doch alles so belassen. wie es ist und hoffen, dass es nicht regnet. In Salzburg ist das freilich absolutes Wunschdenken, weswegen es auch nicht verwundert, dass es von einem Verkehrskollaps zum nächsten zu kommt. Zumindest ein Lepishuttle steht in den Startlöchern, was seit vielen Jahren gefordert wurde und nun schlussendlich Realität werden dürfte. Aber eins nach dem anderen…
Dass schlimme ist ja, dass es oft nur an Kleinigkeiten liegt, dass große Teile der Stadt binnen Minuten stillstehen.
Der Sommerfahrplan…
Dieser ist für viele Salzburgerinnen und Salzburger das größte Übel überhaupt. Und ja, ich kann das in vielerlei Hinsicht nachvollziehen, wenn auch mit Bedenken. Im Wesentlichen beruht die gestreckte Taktierung der Fahrpläne auf der Tatsache, dass die Zahl der Fahrgäste während der Sommermonate teilweise rapide abnimmt. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Schulen und Universitäten geschlossen sind und auch die Haupturlaubszeit der Arbeitnehmer_innen in diesen Monaten ist, auch die Haupturlaubszeit der Busfahrer_innen. Gegenargument hierfür ist natürlich im Gegensatz dazu das erhöhte Aufkommen von Tourismus.
Dass dieser Sommerfahrplan mit kommenden Jahr Geschichte sein wird, stimmt mich einerseits mit Freude, weil damit ein Fahrplan für das ganze Jahr gilt und ich auch als Busfahrer nicht wochenlang den Fahrgästen erklären muss, dass man nicht 6 Minuten zu früh oder 20 Minuten zu spät ist, sondern der Fahrplan eben so ist. Andererseits ist aufgrund der Abschaffung des Somemrfahrplans erwartungsgemäß auch mit einer Mehrbelastung für uns Fahrerinnen und Fahrer zu rechnen, da damit natürlich ein erhöhter Personalbedarf einhergeht und allgemein alle Betriebe in allen Branchen gegenwärtig den Personalstand auf ein absolutes Mindestmaß halten. Ich hoffe, ihr versteht meine diesbezügliche Skepsis, weil über zu wenig Fahrzeiten dürfen wir uns im Allgemeinen nicht beschweren. Was das in Folge mit Sicherheit und Komfort im Bus bringt, kann man sich ausreimen. Wir werden sehen…
Aber nun zur Altstadt…
Salzburg als Stauhauptstadt ist mittlerweile jedem bekannt und dass es sich nicht nur mehr in der Altstadt (kurz Zone I – Mirabellplatz, Staatsbrücke, Hanuschplatz, Müllnerhügel, Neutor und in der anderen Richtung bis zum Rudolfsplatz) staut, sondern eigentlich überall, ist leider traurige Realität geworden. Dass schlimme ist ja, dass es oft nur an Kleinigkeiten liegt, dass große Teile der Stadt binnen Minuten stillstehen.
Bestes Beispiel hierfür war der unlängst sehr intelligent geparkte PKW in der Griesgasse. Man muss hier einfach die totale Unzulänglichkeit der Behörden ansprechen, die geschlagene 20 Minuten brauchen, um dieses Fahrzeug zu entfernen. In Wien etwa wäre das undenkbar. Am meisten „liebe“ ich es, mit einem Bus vom Hanuschplatz in Richtung Müllnerhügel zu fahren. Genau hier befindet sich der meist sehr gut besuchte Rotkreuzparkplatz mit Schranken. Vor dem Schranken können drei Fahrzeuge stehen und auf Einlass warten, ohne den fließenden Verkehr zu blockieren. Ein zirka zwei mal zwei Meter großes Hinweisschild bei der Einfahrt weist ausdrücklich – auch in englischer Sprache – darauf hin. Leider gibt es täglich aber mehrere Personen, die meinen, ihr Q8 passt da noch als viertes Fahrzeug hinein. Ich weiß nicht, wie viele Verspätungen ich wegen diesen Fahrzeugen schon produziert habe. In Summe sicher Stunden.
Es gibt in solchen Situationen als Busfahrer zwei Möglichkeiten: Stoisch warten, bis der PKW nachrückt oder gegebenenfalls selber drauf kommt, dass er im Weg steht. Die zweite Möglichkeit lautet: aussteigen und mal so richtig Dampf ablassen. Ich bevorzuge die erste Variante im Normalfall, gebe aber zu, dass ich durchaus schon mal die zweite gewählt habe. Man könnte natürlich meinen, dass es sich in diesen Fällen um Tourist_innen handelt, die es nicht besser wissen können. Was für mich am Rande bemerkt keine Ausrede ist, da im Wesentlichen in ganz Europa, ja eigentlich auf der ganzen Welt die Verkehrsschilder gleich sind. Aber nein, es sind leider äußerst viele PKWs mit S oder SL Kennzeichen darunter.
Das Unverständnis, die Gleichgültigkeit, die einem hier entgegen gebracht wird, ist phänomenal. „Ich muss da jetzt parken! Habe einen Termin!“; „Was geht Sie das überhaupt an!“; „Schleich dich in deinen Bus zurück!“, um nur ein Best-of zu nennen. Noch ein beliebtes „Platzerl“, um Linienfahrzeuge zu blockieren, ist der Rudolfskai, beginnend beim Rathaus. Angefangen bei Polizeibeamten, welche sich mit einer Gelassenheit vor bzw. in die Bushaltestelle mit ihren Dienstfahrzeugen parken bis zu jenen netten Leuten, die sich „eh nur schnell“ einen kleinen Imbiss in der dort ansässigen Einrichtung holen. Die Busspur, die ab 11 Uhr vormittags nur mehr von Bussen befahren werden darf, wird ebenfalls gerne mal als Kurzparkzone oder Beschleunigungsstreifen genutzt (vom dortigen Hotel einmal abgesehen).
Parallel dazu die Imbergstraße: Darauf angesprochen reagieren manche Personen mit dem Heben des mittleren Fingers; aber man muss natürlich Contenance bewahren. Fällt oft schwer, aber ist absolut notwendig, um den Arbeitstag nicht unnötig mit Meldung schreiben etc. zu verlängern. Die Laune leidet natürlich darunter enorm, ebenso bei den Fahrgästen, die zum Beispiel den Anschluss am Mozartsteg verpassen. Nicht selten fungiert man dann als Fahrer wieder als Watschnbaum, an dem man den Unmut darüber vollends auslassen kann, kombiniert mit Frust über nicht vorhandene Klimaanlagen oder teure Kartenpreise. Das Potpourri an Beschwerden findet in solchen Situationen seine Vollendung.
Eine Anekdote dazu: Als Linie 5 kommend vom Bahnhof war ich perfekt in der Zeit, trotz maximaler Auslastung, am Makartplatz angekommen. Fünf (!) PKWs standen von der Haltelinie an der Kreuzung entlang des Landestheaters aufgereiht, den Blinker rechts geschalten. Ein Familienpizza-großes Rechtsabbiegeverbotsschild wurde hier geflissentlich ignoriert. Nun ja, es wurde dann schlussendlich grün und ein (!) Fahrzeug schaffte das Abbiegemanöver über den Fußgängerübergang (die haben da nämlich ebenfalls grün). Wunderbar zu beobachten war auch, dass die PKW-Lenker_innen telefonierten oder SMS schrieben. Einer hatte überhaupt eine Zeitschrift in der Hand; wie rückständig. So dauerte es unfassbare vier Ampelphasen, bis ich mit dem Bus in Richtung Staatsbrücke abbiegen konnte. Selten konnte ich so eine Vielzahl an Fluchen und Geschimpfe von den Fahrgästen hören wie in diesem Moment. Zu viele Fahrzeuge, gepaart mit beharrlichem Ignorieren der Verkehrsvorschriften führen eben dazu, dass man auf einer Strecke von knapp 350 Metern 18 Minuten braucht.
Eine Sperre der Altstadt kann ich daher aus den eben genannte Gründen nur ausdrücklich begrüßen. Wenn die Kontrolle nicht funktioniert und die Unbelehrbarkeit so überhandnimmt, müssen solche Maßnahmen gesetzt werden.
Klar löst es nur einen kleinen Teil des Problems, denn die Ignaz-Harrerstraße, die Sterneckkreuzung etc. werden dadurch kaum entlastet. Aber ein Anfang wäre es doch. Darüber hinaus habe ich noch nie einen Menschen getroffen oder im Fahrzeug gesehen, der einen Großeinkauf in der Getreidegasse getätigt und diesen dann mit dem PKW nach Hause gebracht hat
In diesem Sinne gute Fahrt! Und immer daran denken: Denn Haltewünschknopf rechtzeitig betätigen und nicht erst auf der Höhe der Haltestelle!
Disclaimer: Diese Kolumne stellt die Meinung dieses Autors/dieser Autorin dar und spiegelt nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion wider.