Sebastian Kurz hat einen stolzen Großspender: KTM-Chef Stefan Pierer hat der ÖVP 436.463 Euro gespendet und angekündigt, diese Spende an Sebastian Kurz zu verdoppeln. Er ist Vizepräsident der oberösterreichischen Industriellenvereinigung und sein Vermögen beläuft sich laut dem Magazin Trend auf rund 860 Mio. Euro. Arbeitnehmervertreter_innen sieht er als „Blockierer und Sargnägel“ und das dürfte auch Sebastian Kurz so sehen: Persönlich greift der ÖVP-Obmann jetzt in die Kandidatenliste der Länder ein, um ArbeitnehmervertreterInnen an wählbarer Stelle zu verhindern.
Eigentlich hat Sebastian Kurz angekündigt, Frauen in der doch sehr männerdominierten ÖVP stärken zu wollen. Jetzt hat Kurz aber persönlich beim Tiroler ÖVP-Chef Günther Platter interveniert, um die ÖAAB-Spitzenkandidatin Bettina Ellinger an unwählbare Stelle zu reihen. Ellinger stammt aus dem Arbeitnehmer_innenbund (ÖAAB) der Volkspartei – jener Organisation, die sich in der ÖVP für die Interessen der Arbeitnehmer_innen einsetzt. Die Organisation war besonders in Tirol immer stark und selbstbewusst, sie stellt dort mit Erwin Zangerl sogar den Arbeiterkammerpräsident, der mit seinem Bekenntnis zu Vermögenssteuern oft genug in der ÖVP aneckt.
Allzu arbeitnehmerfreundliche Positionen sind in Kurz‘ neuer ÖVP aber nicht gefragt. Nachdem Ellinger nach Kurz‘ Intervention von wählbarer Stelle in Tirol verdrängt wurde, haben aus Protest auch Erika Landers und Barbara Trapl aus dem ÖAAB ihre Kandidaturen zurückgezogen. „Die Begründung liegt sicherlich darin, dass die Arbeitnehmervertretung nicht in einem der Bedeutung absolut angemessenen und notwendigen Maß platziert wurde„, erklärte AAB-Landesgeschäftsführerin Tanja Rupprecht. Statt der ÖAAB-Kandidatin wurde nun ein Mann aus dem Wirtschaftsbund aufgestellt: Franz Hörl, Obmann des Tiroler Wirtschaftsbundes.
Der Präsident der AK-Oberösterreich Zangerl kritisiert Hörls Positionen als „Trumpmania“, weil er durch ständige Attacken auf den Sozialstaat auffällt. Auch frauenpolitisch ist Hörl dem US-Präsidenten Trump näher als den verhinderten ÖAAB Frauen aus Tirol: Auf die Frage, wie viele Frauen im Landwirtschaftsministerium beschäftigt sind, antwortete Hörl im Nationalrat:
Wirtschaft rein und Arbeitnehmer raus
Das Motto: Wirtschaft rein und Arbeitnehmer_innen raus, setzt sich auch in anderen Bundesländern fort. In Salzburg ist offenbar geplant, dem ÖAAB kein wählbares Mandat zu geben. Wie der Kurier berichtet, soll dort eine Wirtschaftsbund-Kandidatin vor und eine ÖAAB-Kandidatin zurück gereiht werden. Der Machtkampf zwischen Arbeitnehmerinteressen und dem finanzstarken Industrieflügel wird in der ÖVP von Kurz gerade zugunsten der Industrie entschieden.
Denn Pierer und seine reichen Unternehmerfreunde sind bereit, der Liste Kurz viel Geld zu geben. Die Großspende dürfte hier nur ein erster Beitrag sein. Und sieht man sich an, was sich Großspender wie Pierer von der Politik erwarten, wird klar: Arbeitnehmervertreter stehen dabei nur im Weg. Ebenso wie die Demonstrationen gegen die schwarz-blaue Regierung Anfang der 200er, die laut Pierer deren Reformen „verschmutzt“ hätten.
Was will Pierer?
Der KTM-Chef wünscht sich von der Politik einen 12-Stundentag ohne Lohnausgleich, die ständige Rufbereitschaft seiner Mitarbeiter_innen an Wochenenden und Feiertagen sowie den Abbau von ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutzgesetzen. Zusammen mit dem von der ÖVP geplanten Steuergeschenken für Superreiche und die Privatisierung der Grundversorgung in Österreich, würde das Menschen wie Pierer große finanzielle und wirtschaftliche Vorteile bringen. Diese Interessen durchzusetzen, lässt sich Pierer einiges kosten: 436.563 Euro. „Das große Geld ist das nicht“ – zumindest nicht für Pierer, wie er sagt. Nur, um sich das vor Augen zu führen: Ein Metallarbeiter mit einem Brutto-Lohn von 2.600 Euro müsste 17 Jahre (!) lang arbeiten, um über so eine Summe zu verfügen.
Wie der Kampf zwischen Arbeitnehmerflügel und Wirtschaftsinteressen weitergeht, wird besonders in Niederösterreich spannend: Die Landeshauptfrau der mächtigen Landespartei, Johanna Mikl-Leitner, gehört dem ÖAAB an. Setzt Sebastian Kurz auch dort Wirtschaftsvertreter anstelle von Arbeitnehmervertretern an wählbare Stelle, sind Konflikte vorprogrammiert. Will Kurz weiter viel Geld von der Industrie bekommen, muss er an seinem Kurs festhalten: Sind ArbeitnehmerInneninteressen in der ÖVP prominent vertreten, würde das die Umsetzung der Vorstellungen der Großindustriellen stören.
Zum Weiterlesen:
https://www.profil.at/oesterreich/millionenshow-steuergeld-niederoesterreich-8249848
Dieser Text wurde zuerst auf Kontrast-Blog veröffentlicht.