Politik

10 Dinge, die du über die Liste Kurz wissen solltest

posted by Daniel Winter 19. September 2017 0 comments

1. Sebastian Kurz will Sozialleistungen kürzen

Um ganze 15 Milliarden Euro will ÖVP-Obmann Kurz die Steuern senken. Geld, das dem Sozialstaat fehlen wird: im Bildungs-, im Gesundheits- und im Sozialsystem. Während wirtschaftlich und sozialpolitisch erfolgreiche Länder wie Dänemark oder Deutschland auf hohe Abgabenquoten und einen aktiven Staat setzen, nimmt sich Kurz Länder wie Polen, Griechenland oder die USA zum Vorbild. Obwohl die Österreicher_innen durchschnittlich immer älter werden und somit die Bevölkerungszahl anwächst, möchte Sebastian Kurz die jährlichen Staatsausgaben zukünftig auf das Ausmaß der jährlichen Inflation beschränken. Massive Kürzungen im Bereich der Gesundheitsversorgung, bei der Pflege und bei der sozialen Sicherheit wären die Folge. Diese würden alle Teil der Bevölkerung treffen. Am meisten freilich jene, die sich keine private Alternative leisten können.

2. Steuerentlastungen nur für Besser- und Spitzenverdiener_innen

“Es ist ein Programm, das ganz bewusst diejenigen erreichen soll, die jetzt schon eine sehr hohe Steuerlast tragen” und “Naja, das ist selbstredend”, meinte Sebastian Kurz in einem ZIB2-Interview mit Armin Wolf, nachdem dieser ihn damit konfrontiert hatte, dass das Programm der neuen ÖVP Klein- und Mittelverdiener_innen kaum bzw. fast gar nichts bringt. Wie ein Blick auf die Steuerpläne der Volkspartei zeigen, handelt es sich dabei kurz gesagt um eine groß angelegte Umverteilung von unten nach oben.

“Das Grundproblem besteht darin, dass die 50 Prozent einkommensschwächeren Österreicher von den Steuersenkungen kaum etwas haben werden, dass sie aber durch Kürzungen im Sozialbereich belastet werden”, analysiert der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister und unterlegt seine These mit Fakten. Jene 34 Prozent aller Österreicher_innen, die am wenigsten verdienen, würden von den ÖVP-Entlastungsvorschlägen überhaupt nichts haben. Ebenso schauen 40 Prozent aller Pensionist_innen, 45 Prozent aller Frauen und 70 Prozent der Landwirte durch die Finger.

3. Kapitalgesellschaften sollen für Wertpapiere keine Steuern zahlen müssen

Die Liste Kurz möchte Kapitalgesellschaften von der Besteuerung auf nicht entnommene Gewinne befreien und erwartet sich davon mehr Investitionen. Wie die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt haben, steigen in den letzten Jahren bei den Unternehmen vor allem die Finanzinvestitionen. Das bedeutet: Unternehmen, die eine Kapitalgesellschaft sind, sollen laut Kurz steuerfrei Finanzinvestitionen (z .B. in Wertpapiere) tätigen können.

4. Für die Liste Kurz sind Kinder aus reichen Familien mehr wert

Das Wahlprogramm der neuen Volkspartei sieht vor, dass man für jedes ind 1.500 Euro absetzen kann. Klingt gut, ist aber nicht für alle gut:Eine Familie mit zwei Kindern müsste mindestens 2.500 Euro monatlich (14 Mal) verdienen, damit sie überhaupt so viel (3.000 Euro ) Steuern zahlt, dass die Steuern abgeschrieben werden. Wer weniger verdient, soll laut Sebastian Kurz und seiner neuen Volkspartei weniger finanzielle Unterstützung für seine Kinder erhalten.

5. Für den zukünftige ÖVP-Sprecher für Wissenschaft und Bildung Rudolf Taschner ist der Klimawandel ein Scheinproblem.

Der Mathematiker und Autor hat aufgrund seiner Kolumnen für den Kurier zweifelhafte Bekanntheit erlangt und fiel in der Vergangenheit immer wieder mit mackigen Sprüchen auf. So verharmloste er etwa auch Gewalt als pädagogische Maßnahme bei der Kindererziehung und benannte positive Aspekte der „g’sunden Watschen”.

6. Initiative von Sebastian Kurz hält Hartz IV für ein Vorzeigebeispiel

Ob es fragwürdig ist, dass Sebastian Kurz ausgerechnet das Außenministerium als Plattform für seine Initiative “WELT.WIRTSCHAFT.ÖSTERREICH. Erfolgsideen für unser Land” wählt, soll am besten jeder für sich selbst beurteilen. Jedenfalls nennt diese Initiative hauptsächlich solche Maßnahmen für Vorzeigebeispiele, die klar in die Kategorie “neoliberal” fallen: Etwa die Einführung von “Ich-AGs” und die Schaffung eines Niedriglohnsektors. Ebenso wird die Kürzung beim Arbeitslosengeld als Vorzeigebeispiel genannt. Offiziell handelt es sich laut Außenministerium um internationale Beispiele, die auch für Österreich erfolgreich sein könnten, ohne dass man diese bewerten wolle.

7. Sebastian Kurz ist gegen die Homo-Ehe

Auch die türkise ÖVP sieht bei der Homo-Ehe weiterhin schwarz. “Eine Lösung mit der Möglichkeit der Verpartnerung Homosexueller am Standesamt oder auch der Adoption von Kindern ist bereits umgesetzt”, lautet die Begründung von Sebastian Kurz dafür, die Ehe nicht für gleichgeschlechtliche Paare umsetzen zu wollen. Tatsächlich haben gleichgeschlechtliche Paare jedoch noch immer nicht dieselben Rechte wie heterosexuelle Paare. So gibt es beispielsweise keinen Mehrkindzuschlag für homosexuelle Familien. Eine Auflistung aller gesetzlichen Diskriminierungen gibt es hier.

8. Sebastian Kurz schweigt zur Kammer-Pflichtmitgliedschaft

Die Tiroler AAB-Chefin Beate Palfrader forderte von ihrem Parteikollen Sebastian Kurz, noch vor der Nationalratswahl ein klares Bekenntnis zur Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer abzulegen und legte ihren Standpunkt fest: “Wer die Pflichtmitgliedschaft infrage stellt, ist kein Koalitionspartner”. Sebastian Kurz selbst äußerte sich dazu bisher nicht. Im Interview mit Armin Wolf auf seine Meinung zu diesem Thema angesprochen, wand er sich aus der Affäre, ohne eine klare Antwort zu geben. Nachdem die FPÖ mit dem Gedanken spielt, die Abschaffung der Kammer-Mitgliedschaft zur Koalitionsbedingung zu machen, erscheint deren Umsetzung im Falle einer türkis (schwarz)-blauen Koalition sehr realistisch.

9. Kurz-Bildungsmodell würde Menschen ohne Bildungsabschluss produzieren

“Die Schulpflicht gilt für uns erst dann als erfüllt, wenn man einen Mindeststandard von Rechnen, Schreiben und Lesen vorweisen kann. Mitder neuen Bildungspflicht zählt nicht mehr das Absitzen der Pflichtschuljahre, sondern die Kompetenzen, die man braucht, um in der Berufs- und Lebenswelt von heute bestehen zu können”, steht im ÖVP-Bildungsprogramm. Das klingt gut, hat aber einen verheerenden Haken. Die Schulpflicht gilt dann als erfüllt, wenn diese Kriterien erfüllt sind oder das 18. Lebensjahr erreicht wurde. Das bedeutet: Jemand, der auf Grund einer Lern- oder einer Teilleistungsschwäche bis zu seinem 18. Lebensjahr die vorgegebenen Kompetenzen nicht vorweisen kann, wäre ab da am Arbeitsmarkt eine Arbeitskraft zweiter Klasse, ohne Schulabschluss und ohne fertige Ausbildung. Zwar spricht das ÖVP-Programm von Förderungen, die man in diesem Fall erhalten soll, bleibt dabei jedoch abstrakt bzw. vage.

10. Sebastian Kurz hatte den ÖVP-Putsch von langer Hand geplant

Kürzlich gelangten Papiere an die Öffentlichkeit, welche nahelegen, dass Sebastian Kurz bereits im Herbst 2016, als der damalge ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner bereits fest im Sattel saß, minutiös geplant war. In diesem werden sogar genaue Szenarien skizziert für die Tage, nachdem Mitterlehner seinen Rücktritt erklärt hat, sowie mögliche Geldgeber_innen und Strategien genannt, wie man Bundeskanzler Christian Kern im schlechten Licht darstellen lassen kann.

Seit der Übernahme durch Sebastian Kurz wurde die ÖVP im Wesentlichen zu einem Wahlverein degradiert und entdemokratisiert. Inhaltliche Vorgaben zur Positionierung der Volkspartei gibt alleine der Bundesparteiobmann (Kurz) vor. Über die Erstellung der Bundesliste für die Nationalratswahl und die EU-Wahl entscheidet er ebenfalls vollkommen alleine. Selbst bei der Erstellung der Landes- und Regionallisten hat Sebastian Kurz die Möglichkeit, Veto einzulegen. Auch wenn die ÖVP all diese Bedingungen akzeptiert und selbst beschlossen hat, sprechen sie nicht für ein ausgeprägtes Demokratiebewusstsein bei Sebastian Kurz.

 


Foto: Franz Johann Morgenbesser (CC BY-NC-SA 2.0)

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