Menschen kategorisieren und vergleichen gern. Das gibt Sicherheit und positioniert uns im sozialen Gefüge, in der Gesellschaft, in der Welt und im Universum. Eigentlich wollte ich hier Gedanken zu Justice League, dem neuesten Blockbuster von Warner Bros‘ DC Universe, schreiben und warum ich den Film eigentlich ganz gelungen finde, stattdessen möchte ich ein paar Gedanken zum beliebten Schubladisieren los werden.
In einer Radiosendung – es ging um Sport – wurde die Beliebtheit von Sport unter anderem damit begründet, dass sportliche Leistungen klarer erkennbar seien als Leistungen im Alltag. Wenn ein Spitzensportler gewinnt, ist sein Erfolg für jeden verständlich und klar sichtbar. Ganz oben am Podest steht normalerweise nur einer oder ein Team. Das ist ein simples Schwarz-Weiß-Ergebnis. Wenn ich mich den ganzen Tag um die Kinder kümmere, aufräume, putze und auch sonst den Überblick über das echte Leben behalte, gibt es dafür selten Anerkennung und Auszeichnung. Laut jener Radiosendung haben es Profisportler, die mit dem Sport aufhören, tatsächlich auch schwerer, sich im Alltag zurecht zu finden. Weil es eben plötzlich keine klaren Grenzen mehr gibt.
Aber auch ohne sportlichen Hintergrund konstruieren wir uns Grenzen und Kategorien und von diesen dann oft noch zahlreiche Unterkategorien, die sich wieder voneinander abgrenzen. Von welt- oder landesbewegenden Kategorien wie Religionen und politischen Strömungen bis zu alltäglichen Belanglosigkeiten wie Burger King oder McDonalds, Apple oder Microsoft, Xbox oder PlayStation, Netflix, Sky oder Prime, Klopapierabriss an der Wand oder daneben, Star Trek oder Star Wars, Call of Duty oder Battlefield und Disneys Marvel Cinematic Universe gegen Warners DC Extended Universe.
Diesen Dingen ist erstens gemein, dass es Fans gibt, die ihre Favoriten mit schier orthodoxem Fanatismus verteidigen und zweitens, dass der Vergleich auch völlig unnötig ist. Nicht nur, weil es – auch für Fans – keine wirklich weltbewegenden Themen sind, sondern auch, weil es eigentlich auch komplett egal ist, ob mir, dir oder dem Typen, der auf seinem Youtube-Channel rumschreit, Thor 3 oder Justice League besser gefallen hat. Darüber hinaus könnte man auch einfach akzeptieren, dass es verschiedene Meinungen und Geschmäcker gibt.
Klar, Meinungen darf ich vertreten und verteidigen, solange sie nicht Meinung und Freiheit anderer einschränken. Nur, wie es Kollegin Franzi in der Elektro-Uschi so schön geschrieben hat, ist es manchmal, zum Beispiel bei Thor 3 und Justice League, ein bisschen so, als würde man zu Subway gehen und sich aufregen, dass es keine Burger gibt und beim Burger King, dass es keine Sandwiches gibt. Kann man schon machen, ändert aber auch nichts.
Dank den sozialen Medien haben wir alle plötzlich ein Sprachrohr und weil wir eine Generation aus Digital Immigrants und Digital Natives sind – zwei sehr hippe Begriffe, wie ich finde -, haben wir leider den Umgang mit diesen Instrumenten nicht gelernt. Weil niemand da war, der uns Manieren beibringen hätte können. Unsere Eltern haben uns gesagt, dass wir nicht zu Fremden ins Auto steigen, mit der Gabel nicht in die Steckdose fahren dürfen und – wenn es progressive Eltern waren – dass alle Menschen gleich sind, man Frauen nicht auf den Hintern klopfen, nachpfeifen oder anders harveyweinsteinen soll.
Im Umgang mit digitalen Ausdrucksmöglichkeiten sind wir leider noch im Wilden Westen. In einem ziemlich vernetzten Wilden Westen, der es den Irren auf der ganzen Welt ermöglicht, ihresgleichen zu finden und gleichzeitig all jene, die ihnen Gegenargumente und Diskurs bieten könnten, auszublenden. Wir sind es, die ein Regelwerk und Manieren entwickeln müssen, wir sind es, die wir es der Generation nach uns beibringen und die wir gleichzeitig den Überblick behalten müssen, was an neuen Technologien noch nachkommt. Ob Flatearthers, White Supremacists, Youtube-Videos, die zum Terror aufrufen oder ultrasexistischen Tumbr-Blogs: Die Menschheit lotet die Grenzen ihrer neugewonnenen Möglichkeiten gerade aus, als gäbe es kein Morgen.
Die aktuellsten Wahlkämpfe im Internet, bei denen es kaum um Inhalte ging, sind ein folgeträchtiges Beispiel, die Streiterei, ob Thor 3 oder Justice League besser ist, ein anderes, das die Problematik im Mikrokosmos aber spiegelt.
Wie anfangs erwähnt, sollte es hier eigentlich um Justice League gehen und im Folgenden möchte ich den Film kurz in seine Schubladen quetschen und dann auch wieder herausnehmen. Justice League ist nach Man of Steel, Batman v Superman, Suicide Squad und Wonder Woman der fünfte Film im DC Extended Universe.
Eine gewisse Wechselwirkung mit Disneys Marvel lässt sich insofern nicht leugnen, weil sich Warner ganz klar eine Scheibe vom großen Franchise-Kuchen abschneiden will. Dabei bleibt DC aber äußerst eigenständig. Die bisherigen DC-Filme sind düster, episch und bombastisch. Das gelingt mal besser (Wonder Woman) und geht auch mal schief (Suicide Squad). Der Vergleich zum aktuellen Thor 3 hinkt allein deshalb, weil Thor 3 das Ergebnis einer stetigen Entwicklung aus einer Serie mit bisher 16 Teilen ist, während Justice League eben erst der vierte Ableger ist. Justice League schafft es, die bisherigen Heldinnen und Helden sowie neue zu einer Superleague zu vereinen.
Storytechnisch geschieht dies, weil Superman (Henry Cavill) nach Batman v Superman im Grabe liegt und irgendwer das Helden-Business übernehmen muss. Die Aufgabe, die neue Heldenriege unter der Führung von Batman zu vereinen, erfüllt der Film Justice League durchaus gut. Batman (Ben Affleck), Aquaman (Jason Momoa; cool!), Wonder Woman (Gal Gadot), Flash (Ezra Miller) und Cyborg (Ray Fisher) müssen als Team auftreten, wenn sie gegen den bösen Steppenwolf, der ausrückt, um die Erde zu vernichten, eine Chance haben wollen.
Es gibt ein paar Witzchen, vor allem der spaßige Flash funktioniert deutlich besser als der Trailer befürchten lässt, es gibt unsere bereits bekannten Helden, gewohnt tolle CGI und Snyders nach wie vor bombastische Ästhetik, die dem Franchise seit Man of Steel ihren Stempel aufdrückt. Trotz Widrigkeiten in der Produktion bleibt ein unterhaltsamer Blockbuster, den man weder bereut noch ewig in Erinnerung behalten wird.
Das heißt, wenn man sich denn darauf einlässt. Denn man könnte auch sagen: Snyder hat die Comicfiguren nicht verstanden und sowieso verdanken wir alles Gute an dem Film sicher Joss Whedon. Wieso man Snyder vorwirft, dass er von Comics nicht verstünde, nachdem er mit Watchmen und 300 zwei der akkuratesten Genrevertreter abgeliefert hat, verstehe ich nicht so ganz. Dass er die Figuren nicht verstünde, lasse ich auch nicht stehen, denn dabei übersieht man, dass die Figuren in ihrer jahrzehntelangen Geschichte immer wieder neugeschöpft wurden. Ein Batman aus den unzähligen Comics und Neuinterpretationen ist nicht zwangsweise ein Batman aus Batman: The Brave and the Bold und dieser wiederum ist nicht der kompromisslose Batman aus den Arkham-Spielen oder der verblödelten Adam West-Serie. The times, they are a changin. And so do Batman and friends.
Justice League ist eine Enttäuschung verglichen zu Wonder Woman. Ja, das ist er. Das liegt aber weniger daran, dass Justice League besonders schlecht oder schlechter als ein üblicher Blockbuster wäre, sondern daran, dass Wonder Woman trotz einer gewissen Formelhaftigkeit vieles lobenswert richtig gemacht hat.
Auch ich vergleiche gern. Ich denke, dass wir das alle gern machen. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen mit Verallgemeinerungen – angeheizt durch den Boulevard – Politik gemacht wird, sollten wir versuchen, uns dieser Schubladen bewusst zu werden und uns klar machen, dass sie in den meisten Fällen eigentlich komplett unsinnig sind. In diesem Sinne: Ich persönlich fand DC einfach immer schon geiler als Marvel. 😉
Justice League
Regie: Zack Snyder, Joss Whedon (uncredited)
Drehbuch: Chris Terrio, Joss Whedon
Soundtrack: Danny Elfman
Cast: Ben Affleck, Henry Cavill, Amy Adams, Gal Gadot, Ezra Miller, Jason Momoa, Ray Fisher, Diane Lane, Connie Nielsen, Amber Heard, J.K. Simmons
Laufzeit: 120 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 16.11.17 (AT)
Die Bilder stammen von der offiziellen Seite des Films.