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Rogue One: A Star Wars Story

posted by Johannes Mayrhofer 15. Dezember 2016 0 comments

Disney hat für die Star Wars Lizenz tief in die Taschen gegriffen und den Kauf vermutlich nicht bereut. Star Wars: The Force Awakens (Episode 7) ist nach Avatar und Titanic der dritterfolgreichste Film aller Zeiten. Weil das jährliche Lizenz-Melken für Disney im Marvel Cinematic Universe so gut funktioniert, verwundert es auch nicht, dass jetzt jährlich ein Film im Star Wars Universum folgen soll. Alle zwei Jahre soll eine neue Episode erscheinen, in den Jahren dazwischen Spin Offs, die neue Perspektiven auf die weit entfernte Galaxie ermöglichen. Rogue One: A Star Wars Story ist das erste davon.

Wir vergessen kurz Star Wars Episode 7 (2015), denn das Spin Off Rogue One spielt kurz vor Episode 4: A New Hope. In New Hope, dem ersten Star Wars Film aus dem Jahre 1977, gelang es dem jungen Luke Skywalker (Mark Hamill) den Todesstern zu vernichten, nachdem Spione die Pläne der Superwaffe gestohlen hatten und so eine Schwachstelle ausgenutzt werden konnte. In A New Hope wird beiläufig erwähnt, dass viele Rebellen ihr Leben verloren, als sie die Pläne stehlen wollten. In Rogue One begleiten wir genau diese Truppe. Am Ende von Rogue One sind wir am Anfang von Episode 4.

Nahezu jeder verbindet etwas anderes mit Star Wars. Das Franchise weckt Kindheitserinnerungen, entführt in eine spannende ferne Galaxie, bietet von Luke Skywalker über Prinzessin Leia und Han Solo bis zu Rey liebenswerte Charaktere und finstere Bösewichte. Man kann Star Wars aus verschiedenen Gründen lieben oder hassen, man kann ewig darüber diskutieren, welche Teile gut oder schlecht sind und ob es Fluch oder Segen ist, dass Prinzessin Leia nun zum Reigen der Disney-Prinzessinnen zählt. Auch Rogue One wird die Meinungen spalten. Zu viele unterschiedliche Erwartungen und persönliche Erinnerungen sind mit dem Kosmos verbunden, um alle Fans zufrieden stellen zu können. Mir hat Rogue One gefallen, obwohl es offensichtliche Kritikpunkte gibt.

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Zu Beginn muss die junge Jyn (später als Erwachsene: Felicity Jones) mitansehen, wie ihr Vater Galen Erso (Mads Mikkelsen) vom Imperium gezwungen wird, den Todesstern zu entwickeln. Jyn wird auf ihrer Reise in den Konflikt zwischen Imperium und Rebellen-Allianz hineingezogen und mit ihr eine bunte Truppe aus Haudegen, Söldnern und Rebellen. Erklärungen gibt es keine. Rogue One hält sich nicht mit langen Einführungen auf, wer die Figuren sind, wer das Imperium ist und in welchen Beziehungen sie zueinander stehen. Rogue One ist ein Spin Off, das die bekannte Geschichte vertieft und erweitert. Das Wissen um die Geschehnisse der alten Filme wird vorausgesetzt, was meines Erachtens eine der Stärken des Films ist, weil der Film dadurch nahtlos in die schon bekannte Reihe eingeflochten wird.

Gleichzeitig will Rogue One aber auch kein klassischer Star Wars Film sein. Folgen die Episoden 4 bis 7 den Regeln des klassischen Volksmärchens, geht Rogue One in eine ernstere, düsterere Richtung. Keiner der Charaktere erreicht ansatzweise die Ikonografie unserer geliebten Heldinnen und Helden aus den bisherigen Filmen. Auch die Inszenierung ist deutlich düsterer. Rogue One entfernt sich vom Märchenhaften der alten Filme und zeigt die Star Wars Galaxie als das, was eigentlich im Titel steckt: als düsteres Kriegsgebiet, in dem es ordentlich kracht. Apropos Titel: Es gibt erstmals in der Star Wars Filmgeschichte keine kultige Rollschrift. Ein Zeichen, dass Rogue One eben keine klassische Star Wars Episode sein will.

Das macht sich leider auch im Soundtrack bemerkbar, den Michael Giacchino in den Sand gefahren hat. Eines der größten Identifikationsmerkmale der Reihe wurde brutal verstümmelt. Es wäre zwar schade, aber nicht so schlimm, würden die klassischen Themen des Original-Soundtracks nicht vorkommen. In Rogue One werden sie aber mehr als einmal eingeleitet, nur um in den entscheidenden Momenten in die Belanglosigkeit abzudriften. Lieber Darth Vader (Stimme: James Earl Jones), in meinem Herzen hörte ich den Original-Imperial-March und nicht den Albtraum, den Giacchino daraus gemacht hat! Tatsächlich ist für mich der misslungene Soundtrack der größte Kritikpunkt an Rogue One, denn zu wichtig sind John Williams’ fantastische Originalklänge, um mich auch emotional an die Reihe zu binden. Besonders traurig ist das, weil Williams gerade mit dem Soundtrack zum siebten Teil voriges Jahr wohl den besten Score der Reihe geschaffen und perfekt bewiesen hat, wie sehr die Musik verschiedene Motive und Figuren unterstützt.

Leider sind einige Figuren ziemlich belanglos. Identifikationsmöglichkeiten ergeben sich wenige, auseinanderhalten können wir sie hauptsächlich an den äußeren Merkmalen.

Die Figuren passen alle in ihre Schablonen ohne irgendwelche Raffinessen aufzuweisen. Es gibt den Mann mit der großen Kanone, den machtbegabten Mönch (Donnie Yen goes Hollywood), den unfreundlichen Scharfschützen, eine Art guten Darth Vader und den ganz amüsanten Droiden, der munter seine Sprüche klopft. Die Posse wirkt ein wenig wie die Charakterauswahl eines Videospiels. Der Fokus von Rogue One liegt nicht auf den Charakteren oder der Charakterentwicklung, sondern ganz auf deren Mission. Sie müssen um jeden Preis die Pläne des Todessterns stehlen, selbst wenn die oder der eine oder andere dabei sterben sollte!

Genug gejammert, denn Rogue One macht auch einiges richtig gut. Es ist fantastisch, wie es gelungen ist, an die Optik der Originaltrilogie anzuschließen.

Wir sind im Jahr 2016, Computer sehen nicht mehr aus wie in den 80ern und dennoch steht es Rogue One extrem gut, dass eben genau diese Low-Fi-Optik neuaufgelegt wurde. Die Schauplätze sind teilweise neu und selbstverständlich gibt es neue Raumschiffmodelle, Droiden und Figuren. Sie sehen alle aus, als wären sie direkt aus der Original-Trilogie. Rogue One ist kein Märchen mehr, sondern ein düsterer Kriegsfilm und trotzdem gelingt es, allein durch die Optik nostalgische Gefühle zu beschwören.

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Auch die Effekte sind fantastisch. Wie schon in J.J. Abrams Episode 7 verlässt sich auch Regisseur Gareth Edwards (Godzilla) in Rogue One nicht nur auf Greenscreen und die Zauberei der modernen Computertechnik. Viele Sets und Masken dürften echt sein. Kommen die Figuren dann doch aus dem Computer, sehen sie umwerfend real aus. So ermöglicht es die Technik, dass in Rogue One (2016) Charaktere aus Episode 4 (1977) auftreten, ohne einen Tag älter auszusehen.

Nicht nur die Technik vermag vollends zu überzeugen. Auch die Action setzt neue Maßstäbe im Star Wars Universum. Anstatt Lichtschwertduellen gibt es intensive Shootouts, Explosionen, Dogfights und die bombastischste Raumschlacht der gesamten Filmreihe. Es ist eine Augenweide, zu sehen, wie die X-Wings, Y-Wings und die neuen U-Wings von der bereits bekannten Basis auf Yavin 4 ins All abheben und wie sich die Rebellen-Flotte mit den imperialen Sternenzerstörern und ihren Tie-Fightern eine Weltraumschlacht liefert, die an Härte und Intensität im gesamten Genre ihresgleichen sucht und die ausnahmsweise vom 3D richtig gut profitiert. Der Sternenkrieg ist schmutziger, düsterer und härter geworden. Imperiale Sturmtruppen zu Boden, in der Luft und im All sind nicht mehr nur Kanonenfutter, um unsere Helden erstrahlen zu lassen. Sie sind ein erbitterter Feind, der alles gibt, um die Rebellen aufzuhalten. Wer Star Wars vor allem für seine Schlachten liebt, bekommt mit Rogue One den bisherigen Höhepunkt.

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Rogue One sieht aus wie Star Wars, fühlt sich aber nicht so an. Die Charaktere sind dreckiger, die Kämpfe heftiger, die Action explosiver. Episode 7 war ein Aufguss des vierten Teils mit neuen Charakteren. Es war ein sanftes Aufwecken des eingerosteten Franchises mit altbewährten Elementen. Es war eine Wiederbelebung und gleichzeitig eine Öffnung für eine neue junge Generation, die keinen nostalgischen Bezug zu Star Wars hat. Rogue One versucht jene Fans zu bedienen, die Star Wars 4 in ihrer Kindheit gesehen haben, jetzt aber erwachsen geworden sind und bereit sind, das zauberhafte Szenario gegen ein ernsteres zu tauschen. Rogue One wird nicht allen Fans schmecken. Es empfiehlt sich aber, den Film anzusehen und selbst zu entscheiden, was man von dieser neuen düsteren Seite hält. Eine mutige Herangehensweise an eine der bekanntesten Marken Hollywoods ist Rogue One auf jeden Fall, auch wenn sich Schwächen im Drehbuch nicht leugnen lassen.

Möge die Macht mit dir sein, Rian Johnson, der du bereits fleißig an der Fertigstellung von Episode 8 (2017) arbeitest! Auch du hast ein schweres Erbe auf deinen Schultern und auch du wirst nicht alle zufriedenstellen können! Trotzdem freu ich mich schon darauf.

Rogue One – A Star Wars Story
Regie: Gareth Edwards
Drehbuch: Chris Weitz, Tony Gilroy, Gary Whitta
Soundtrack: Michael Giacchino (… Danke >_>)
Cast: Felicity Jones, Mads Mikkelsen, Donnie Yen, Diego Luna, Forest Whitaker …
Laufzeit: 135 Minuten
FSK: ab 12
Kinostart: 15.12.16 (AT)

Alle Bilder stammen von der offiziellen Homepage des Films.

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