FilmKultur

Suicide Squad

posted by Johannes Mayrhofer 27. August 2016 0 comments

Wenn eine Marketing-Abteilung ein Produkt besser bewirbt als es ist, macht sie dann ihren Job besonders gut oder eher schlecht?

Comic-Verfilmungen gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Nachdem wir uns daran gewöhnt haben, dass Marvel alle vier Monate einen neuen Superhelden (Heldinnen bisher eher auf Netflix) ins Kino schickt, hat der Konkurrenzverlag DC begonnen, ebenfalls ein eigenes Cinematic Universe in den Lichtspielhäusern zu installieren. Nach den beiden Epen Man of Steel und Batman v Superman versucht man mit Suicide Squad eine Art böse Avengers ins Rennen um die Gunst des Publikums zu schicken.

Als Superman am Ende von Man of Steel eine Multimillionen-Dollar-Drohne vom Himmel holte und dem US-Militär erklärte, er hätte keine Lust auf Überwachung und sie müssten ihm schon vertrauen, war das ein ziemlich starkes Stück. Vor allem im Blockbusterkino ist die Message oft das genaue Gegenteil. Von Marvel erwartet man bezüglich der vermittelten Botschaften eh nichts mehr und selbst Nolans Dark Knight fand den Joker nur, indem er fragwürdige Überwachungsmethoden einsetze.

Die Regierung scheint in Suicide Squad aber Schwierigkeiten zu haben dem Mann aus Stahl zu vertrauen. Deshalb beauftragt sie die durchtriebene Amanda Waller (Viola Davis) damit, eine Elite-Truppe zusammenzustellen, der man mehr trauen kann, die aber gleichzeitig auch entbehrlich ist. Amanda sucht sich kurzerhand die mächtigsten und verrücktesten Schurkinnen und Schurken, pflanzt ihnen Explosivkapseln in den Hals und zwingt sie so zur Gefügigkeit. Zu ihrer Truppe zählen unter anderem der beste Schütze der Welt, Deadshot (Will Smith), die verrückte Harley Quinn (Margot Robbie), Captain Boomerang (Jai Courtney), Enchantress (Cara Delevign) oder Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje). Außerdem hat der Joker (Jared Leto) seine eigenen Pläne.

Joker kommt kaum vor, was nach der Marketing-Kampagne und den Schlagzeilen zu Jared Leto etwas überrascht. Sein Joker ist einer der nennenswerten Höhepunkte des Films. Positiv fällt auf, dass wir als Zusehende erneut einen ganz neuen Joker präsentiert bekommen, der seine eigenen Wege geht und sich nicht mit Jack Nichelsons oder Heath Ledgers Interpretation vergleichen will oder lässt. War Ledgers Joker „wie ein Hund, der einem Auto nachläuft und gar nicht weiß, was er machen soll, wenn er es einholt“ weiß Jared Letos Figur sehr genau, was sie tut. Das oberste Ziel ist nicht aufzurütteln oder Anarchie. Dieser Joker ist reich, neben seinem Wahnsinn auch äußerst manipulativ und er bekommt, was er will. Unter anderem will er die Ärztin Dr. Quinzel und von ihr absoluten Gehorsam bis über den Tod hinaus. Auch Margot Robbie als Harley Quinn und Dr. Quinzel ist äußerst überzeugend. Leider wurde sie völlig unnötig sexistisch inszeniert. Auch wenn ihr Höschen wohl zu den heißesten Gewandstücken des Blockbusterkinos zählt, wirken ihre Szenen nie erotisch, dafür vorpubertär und peinlich. Ihre eigentlich interessante Figur wurde völlig unnötig verkauft. Nicht selten lädt Suicide Squad richtig zum Fremdschämen ein.

suicide squad 03

Jeder Charakter bekommt in Suicide Squad seine kurze Origin-Story per Rückblende serviert. Dadurch spart sich DC eine Menge Origin-Filme, die vermutlich wirklich keiner mehr sehen will. Allerdings zieht sich dadurch der Beginn von Suicide Squad schon in die Länge, da die eigentliche Handlung nur langsam ins Rollen kommt. Leider ist die Handlung dann auch belangloser Comic-Verfilmung-Einheitsbrei, der sich zu oft in langweiligen Gefechten mit CGI-Monstern verliert. Vor allem eine große Kampfsequenz in der Mitte des Films, in der die Squad in eine Stadt voller Feinde eindringt, wirkt aufgesetzt und uninspiriert. Es ist uns als Zusehenden schlicht egal, wie viele gesichtslose Monster die Squad metzelt. Regisseur David Ayer reduziert das Gemetzel auf lässige Posen der Hauptcharaktere. Das treibt weder die Handlung noch die Charakterentwicklung voran und nützt sich schnell ab.

Vom Regisseur und Schreiber David Ayer, der mit End of Watch und (teilweise) auch Fury sehr packende Filme abgeliefert hat, hätte man in Sachen Dramatik und Action wirklich mehr erwarten können.

Zu den Pluspunkten zählen neben den obligat guten CGI der Soundtrack und die gelungene optische Aufmachung, die an Graffitis, Tätowierungen oder generell an einen verwegenen Punk-Lifestyle erinnert. Leider nützt sich dieses rotzig-pubertäre Feeling aber ebenfalls noch während des Films ab. Auch die (eigentlich großartigen) Lieder des Soundtracks wirken oftmals aufgesetzt. Style over substance schien ein entscheidendes Motto in der gesamten Produktion des Films zu sein. Per se ist das nicht zwangsweise schlecht – in einer Zeit, in der jährliche gefühlte zehn Comicverfilmungen erscheinen, braucht es aber einfach mehr! Zumal Filme wie Guardians of the Galaxy, Watchmen oder Scott Pilgrim vs. The World dem Genre schon sehr beeindruckend ihre eigenen kunstvollen Stempel aufgedrückt und dabei weder ihre Charaktere noch ihre Geschichten vernachlässigt haben.

suicide squad 02

Suicide Squad ist nicht so katastrophal, wie das aufgebrachte Internet es gern hätte. Es ist einfach ein weiterer völlig belangloser Blockbuster, den man nach zwei Stunden getrost vergessen kann und irgendwo im Kopf auf der Liste der gesehenen Filme abhakt. Das größte Problem von Suicide Squad war sein brillantes Marketing, dem der Film nicht gerecht wird. Mit stilvollen wie fetzigen Trailern wurde ein Hype angezettelt, dem der Film zu wenig entgegenzusetzen hatte. Ein Phänomen, das sich in letzter Zeit generell in der Popkultur ausbreitet. Ähnlich übertrieben angepriesen und hochgejubelt wurden etwa auch Batman v. Superman, das Spiel No Man’s Sky oder Pokemon Go. Wie soll ein Produkt mit solchem Medienrummel den angeheizten Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten entsprechen können? Suicide Squad scheitert jedenfalls an seinem zu guten Ruf. Was in den Trailern und Postern nach einer Pop-Art-Revolution aussah, wirkt als fertiger Film uninspiriert und belanglos. Wer seine Hoffnungen in das Cinematic Universe von DC noch nicht weggeworfen hat, könnte dennoch eine Sichtung riskieren, da Suicide Squad handlungstechnisch als Bindeglied zu dem 2017 erscheinenden Justice League fungiert. Apropos Justice League: Obwohl Suicide Squad unter dem Strich enttäuscht, bleibt zu hoffen, dass Jared Leto als Joker und Margot Robbie als Harley Quinn ihre Rollen weiterhin spielen, denn in einem Film gegen Ben Affleck als Batman könnten sie beide aufblühen. Die Grundsteine sind gelegt.

Suicide Squad
Regie: David Ayer
Drehbuch: David Ayer
Soundtrack: Steven Price
Cast: Will Smith, Margot Robbie, Jared Leto, Viola Davis, Cara Delevigne, Jai Courtney, Jay Hernandez, Ben Affleck …
Laufzeit: 123 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 18.08.16 (AT)

Die Bilder stammen von der offiziellen Homepage und der Facebookseite des Films.

suicide squad 04

Das könnte sie auch interessieren