Politik

Corona: Krisenzeiten als Wendezeiten?

posted by Reinhard Hofbauer 26. April 2020 0 comments

Genauso, wie die Medizin bei der Bekämpfung des Corona-Virus Neuland betritt, gibt es auch für die wirtschaftlichen Herausforderungen infolge des Shut-Downs keine Erfahrungen aus der (modernen) Geschichte, auf die man zurückgreifen könnte. In dieser Beitragsserie auf Hallo Salzburg vertritt der AK-Wirtschaftsexperte Reinhard Hofbauer den keynesianischen Standpunkt, dass sich die Politik nicht aus dieser Krise heraussparen kann.

Teil 1: Die Wirtschaftskrise wird länger anhalten als die Epidemie
Teil 2: Warum Staatsschulden im Kampf gegen die Corona-Krise hilfreich sind
Teil 3: Wer soll die Kosten für die Corona-Krise zahlen?
Teil 4: Krisenzeiten als Wendezeiten?


Teil 4:

Zeiten der Krise sind aber auch oft Wendezeiten. Viele wichtige zivilisatorische Errungenschaften sind in oder nach Krisenzeiten entstanden, weil Gesellschaften in der Krise meist zusammenrücken. Daraus haben sich immer wieder Umverteilungsprogramme begründet. Nachdem die Briten unter großen Opfern die Nazis besiegt hatten, konnte man nicht einfach zum alten Klassensystem zurückkehren und führte  eine öffentliche Gesundheitsvorsorge ein. In Deutschland wurde nach dem Krieg ein sogenannter Lastenausgleich geschaffen der im Prinzip eine einmalige Abgabe in Höhe von 50% auf alle Vermögen war, zahlbar in vierteljährlichen Raten über einen Zeitraum von 30 Jahren. Umgerechnet auf ein Jahr entsprach das einer Vermögenssteuer von rd. 2 Prozent. Das konnte in der Regel aus den Kapitalerträgen finanziert werden, die Substanz wurde nicht angegriffen.

Krise ist ein produktiver Zustand. Man muß ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.”

Max Frisch (1911-1991, schweizerischer Schriftsteller)



Auch in Österreich treten angesichts der aktuellen Krise Reiche für einen echten Beitrag ein. Attila Dogudan, Gastronom und Privatstifter meinte zuletzt : „Das ist eine Frage der Solidarität und das sollte für uns alle kein Problem sein. Du musst einen Teil deines Vermögens hergeben, na und?[…] Es kann uns nicht wurscht sein, wenn neben uns Menschen leben, die nicht wissen, wie sie ihre Kinder ernähren. Und es wird keinem Wohlhabenden wehtun, über, sagen wir, fünf Jahre etwas herzugeben. Das ist es wert, wenn die Gesellschaft funktioniert und wir uns nicht gegenseitig die Schädel einschlagen.“[1]

Es sollten aber auch keine falschen Hoffnungen geweckt werden. Schätzungen des Aufkommens für Vermögens- und Erbschaftssteuern belaufen sich auf 2-8 Mrd. Euro. Das wird für die Krisenbewältigung selbst im günstigsten Fall kaum reichen. Daher werden eine Reihe weiterer Maßnahmen nötig sein, etwa eine Erhöhung der Kapitalertragsteuer oder eine Erhöhung der Spitzensteuersätze.  Dringend geboten ist jedenfalls jetzt, dass die Vermögenden ihren Beitrag leisten. 


Quellenangabe:
[1] Österreich, Insider Magazin, 10.4.2020


Foto von Max Frisch: Comet Photo AG (Zürich) / CC BY-SA 4.0

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