Am 23. April 2023 wird in Salzburg ein neuer Landtag gewählt. Wir haben uns deswegen mit dem SPÖ-Spitzenkandidaten David Egger getroffen und einige Fragen gestellt.
Hallo Salzburg: Der Wahlkampf ist nicht zu übersehen. Im ganzen Land stehen Wahlplakate.
David Egger: Wir sind jeden Tag unterwegs. Ich mag es, unter Menschen zu sein. Es motiviert mich enorm, gemeinsam mit so vielen ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern für ein gerechtes und leistbares Salzburg zu laufen. Salzburg ist schon lange nicht mehr konservativ, auch wenn das manche gerne glauben wollen. Wir stehen für eine Politik, die sie so ist wie die Menschen in diesem Land.
Meine Vision ist ein modernes Salzburg, das sich in Zukunft auch finanziell wieder für alle gut ausgeht.”
Freizeit, kennen Sie das Wort überhaupt noch?
Momentan nicht wirklich, aber das ist okay so. Solange das Essen nicht zu kurz kommt, ist meine Laune gut. Ich mag es, unter Menschen zu sein. Wie bei vielen Pendlerinnen und Pendlern läutet mein Wecker zurzeit kurz vor 5 Uhr am Morgen. Im Bett lande ich meistens kurz vor Mitternacht. Die wenigen gemeinsamen Stunden mit meiner Frau Laurentina genieße ich sehr bewusst.
„Salzburg kann mehr“ lautet der SPÖ-Slogan. Was wollen Sie damit sagen?
Salzburg ist schön, aber es gibt viele Baustellen in unserem Land. Die Mieten sind extrem hoch, den Traum vom Eigenheim können sich Menschen mit einem normalen Einkommen ohnehin nicht mehr leisten. Außer sie erben. Gleichzeitig werden tausende Wohnungen für Immobilienspekulation missbraucht und stehen leer. Auf den Straßen herrscht tagtäglich das helle Chaos. In den Landeskrankenhäusern müssen OPs verschoben werden, weil das Personal fehlt und im Pflegebereich siehts noch prekärer aus. All diese Probleme sind nicht Gott gegeben. Meine Vision ist ein modernes Salzburg, das sich in Zukunft auch finanziell wieder für alle gut ausgeht.
Wie wollen Sie die Explosion der Wohnpreise stoppen?
Wohnraum darf kein Luxusgut sein. Damit die Wohnpreise wieder sinken, braucht es eine aktive Wohnbaupolitik. Unser Ziel müssen 1.000 neue Wohnungen pro Jahr sein. Damit das gelingt, soll das Land Salzburg auch selbst eine aktive Rolle einnehmen und Grundstücke ankaufen, auf denen in Zusammenarbeit mit den gemeinnützigen Wohnbauträgern förderbare Mietwohnungen realisiert werden. Außerdem brauchte strengere Regeln. Wenn es nach uns geht, darf in Zukunft ein Wohnbauprojekt nur mehr dann genehmigt werden, wenn 20 Prozent davon für geförderte Mietwohnungen reserviert sind.
Wer sich Eigentum anschaffen möchte, kann sich von günstigen Mietwohnungen nichts kaufen.
Da besteht sehr wohl ein Zusammenhang. Hohe Mieten treiben auch den Preis von Eigentum nach oben. Mein Ansatz lautet: Eigentum muss in Salzburg für Normalsterbliche wieder aus eigener Kraft erreichbar sein. Damit uns das gelingt, braucht es eine umfassende Reform der Wohnbauförderung, also eine Rückkehr zum System der Darlehensförderung und Annuitätenzuschüsse. Zusätzlich sind innovative Konzepte gefragt. Das neue burgenländische Mietkaufmodell, bei dem mit der monatlichen Miete schrittweise Eigentum erworben wird, kann ich mir etwa auch in Salzburg gut vorstellen.
Kommen wir zum Verkehr. Ist Salzburg auf alle Ewigkeiten dazu verdammt, im Stau zu stehen?
Staus entstehen nicht durch zu viel Mobilität, sondern durch eine schlechte Verkehrspolitik. Ich bin daher davon überzeugt, dass wir das Salzburger Verkehrsproblem lösen können. Statt einer einzigen Maßnahme werden dafür aber viele pragmatische Schritte notwendig sein. Es braucht ein Bekenntnis zum Ausbau der Öffis, ohne jene zu bestrafen, die auf das Auto angewiesen sind. Wo es eine gute Anbindung gibt und man sich auf die Öffis verlassen kann, steigen die Menschen gerne darauf um. Das beweisen viele Studien.
Welche Schritte lassen sich rasch setzen, um den Verkehr zu beruhigen?
Da, wo bereits jetzt Öffis fahren, sollten wir die Anzahl der Verbindungen ausbauen. Der aktuelle Obus-Takt in der Stadt Salzburg ist sowieso ein Witz, aber auch der Postbus soll untertags nicht seltener als alle 30 Minuten fahren. Die einfachste Möglichkeit, den Pendelverkehr im Zentralraum zu reduzieren, ist die Ausdehnung der Obuslinien in die Umlandgemeinden. Wir müssen Öffis und Individualverkehr gemeinsam denken und besser miteinander verzahnen. Durch attraktive P+R-Parkplätze zum Beispiel, die diesen Namen auch verdienen. Ein weiterer Schritt muss die Modernisierung der Lokalbahn, der Pinzgaubahn und der Murtalbahn sein. Neue Garnituren, doppelte Gleise und alles elektrisch.
Auf einem Plakatsujet fordert die SPÖ den Ausbau erneuerbarer Energien. Passen Klimaschutz und SPÖ zusammen?
Absolut, unter Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sind die CO2-Werte gesunken. Seit die ÖVP und die Grünen koalieren, sind sie wieder gestiegen. Aber ich stimme zu: Die SPÖ hätte sich da schon viel früher deutlicher positionieren und deutlich machen müssen, dass der Klimaschutz die wichtigste Gerechtigkeit- und Verteilungsfrage der Gegenwart ist. Klima ist keine Lifestylefrage, die sich auf den Einzelnen abwälzen lässt. 100 Konzerne verursachen 70 Prozent aller CO2-Emissionen. Ein einziger Flug mit dem Privatjet aus Wien nach Südfrankreich verursacht fast so viel CO2 wie ein durchschnittlicher Österreicher im ganzen Jahr. Wenn wir die Klimakatastrophe verhindern wollen, sind strukturelle Maßnahmen gefragt. Auf Salzburg umgelegt heißt das, die Klimaziele ambitionierter zu setzen und alle erneuerbaren Ressourcen anzuzapfen. Für die Unabhängigkeit von fossilen Energien brauchen wir Wasser, Sonne und auch Windkraftanlagen. So rasch wie möglich und überall, wo es sinnvoll und machbar ist.
Wie groß war der Anteil der SPÖ daran, dass der Halbtagskindergarten in Salzburg nun gratis ist?
Für uns ist das nur ein Zwischenschritt. Aber ohne SPÖ würde es selbst den gratis Halbtagskindergarten nicht geben. Wir haben jahrelang an dicken Brettern gebohrt und werden das weiter tun. Unser Ziel ist eine Kinderbetreuung, die wirklich gratis ist. Ab der Krabbelgruppe und auch am Nachmittag. Parallel dazu müssen die Betreuungseinrichtungen flächendeckend ausgebaut werden, vor allem in den ländlichen Regionen. Echte Wahlfreiheit gibt es nur dann, wenn überall eine flexible und gute Kinderbetreuung zur Verfügung steht.
Wollen Sie zurück in die Landesregierung?
Natürlich wollen wir Verantwortung übernehmen und gestalten. Aber nicht um jeden Preis. Mir geht es um Inhalte, nicht um Posten. Eine Landesregierung mit Beteiligung der SPÖ muss inhaltlich eine unverkennbar sozialdemokratische Handschrift haben. Demokratie lebt von Kompromissen, aber nicht vom Umfallen.
Präferieren Sie eine Koalition?
Ich sage immer: Zuerst wird gelaufen, dann wird gewählt, dann wird gezählt und dann wird verhandelt. Als demokratische Partei sprechen wir zwar prinzipiell mit allen Parteien, aber für uns gilt der Wertekompass. Ich stehe nur für eine fortschrittliche Innovationsregierung zur Verfügung, die sich klar von rechter Hetze und einer Politik des Schüren von Ängsten distanziert. Darüber hinaus gibt es inhaltliche Eckpfeiler, über die ich nicht diskutieren will. Unser Bekenntnis zur Windkraft, gratis Kinderbetreuung und die Wohnbauförderung habe ich schon angesprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch unsere Forderung nach der Anstellung pflegender Angehöriger nennen.
Was sind denn Ihre Konzepte gegen den Mangel an Pflegekräften?
Ausreichend Personal im Gesundheitswesen gibt es nur mit besseren Arbeitsbedingungen und guten Gehältern, bereits in der Ausbildungsphase. Der Mangel an Fachkräften ist aber so akut, dass es eine Personaloffensive brauchen wird, die auch über die Grenzen schaut.
Auch sollten wir bedenken, dass rund 80 Prozent aller Menschen mit Pflegebedarf ehrenamtlich zu Hause von ihren Angehörigen betreut werden. Diese Personen verdienen unsere Unterstützung. Deshalb machen wir uns seit Jahren stark dafür, pflegende Angehörige durch eine Anstellung beim Land zum Netto-Mindestlohn von 2.000 Euro finanziell und versicherungstechnisch abzusichern.
Angenommen, Sie werden Landeshauptmann. Welche Maßnahmen würden Sie als erstes umsetzen?
Die finanzielle Entlastung der Bevölkerung hat für mich oberste Priorität. Als erste Maßnahme würde ich daher ein Antiteuerungspaket schnüren, das in der breiten Bevölkerung auch ankommt.
2018 lag die Wahlbeteiligung nur bei 65 Prozent. Was sagen Sie jenen, die am 23. April nicht zur Wahl gehen wollen?
Wie wichtig diese Wahl ist. Wer daheim bleibt, riskiert weitere fünf Jahre Stillstand und nimmt sogar Rückschritte in Kauf. Nach dem Wahltag hilft kein Jammern. Deswegen aufstehen, frühstücken und ab ins Wahllokal. Und wer am 23. April keine Zeit hat, kann seine Stimme schon jetzt bequem per Briefwahl abgeben.
Alles Gute für die nächsten Wochen.
Vielen Dank.
Wer per Brief wählen möchte, kann bequem online eine Wahlkarte beantragen. Alle Infos dazu gibt es hier!