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Stau trotz S-Link

posted by Redaktion 20. Oktober 2023 12 Comments

Eine wissenschaftliche Evaluierung des Projekts bestätigt minimalen Entlastungseffekt. Der KFZ-Verkehr würde sich in der Stadt Salzburg trotz S-Link kaum reduzieren.

Eine Analyse des Grazer Verkehrsexperten Dr. Georg Kriebernegg zeigt, dass das Verkehrsproblem in Salzburg mit dem S-Link nicht zu lösen sein wird. Der S-Link wird nur eine begrenzte Entlastungswirkung auf den motorisierten Individualverkehr haben.

Die lange und kontroverse Debatte um den S-Link in Salzburg wird – zumindest vorerst – am 26. November 2023 einen Höhepunkt erleben. Die Bürgerbefragung in der Stadt Salzburg wird zeigen, ob die Mehrheit der Salzburger:innen für oder gegen das unterirdische Bahnprojekt ist. Die SPÖ in Stadt und Land Salzburg hat sich als einzige politische Partei klar gegen das kostenintensive Verkehrsprojekt positioniert, hat aber auch angekündigt, das Ergebnis der Bürgerbefragung zu akzeptieren. Um angesichts der emotionalen öffentlichen Diskussion und der Vielzahl an offenen Fragen etwas Licht ins Dunkel zu bringen, hat die SPÖ eine wissenschaftliche Evaluierung des Projekts in Auftrag gegeben diese liegt nun vor und wurde am 20. Oktober 2023 im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert.

Die Evaluierung des S-Link durch den Grazer Verkehrsplaner Dr. Georg Kriebernegg hat ergeben, dass der S-Link mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nur eine begrenzte Entlastungswirkung auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) haben wird “Die Entlastungswirkung im KFZ-Verkehr wird lediglich rund vier bis fünf Prozent im direkten Einzugsgebiet des S-Link betragen.” Für die Behauptung der Planungsgesellschaft, wonach von einem Rückgang von bis zu 67.000 Pendler:innenfahrten pro Tag auszugehen sei, fehle jede empirische Grundlage. Eine einfache Vergleichsrechnung in der Evaluierung zeigt, dass der S-Link im Prognosejahr 2025 stattdessen nur eine Entlastung von rund 1.820 Pkw-Fahrten pro Werktag im Bereich der Südeinfahrt von Salzburg, südlich der Hellbrunner Straße, erzielen könnte. Diese geringe Reduktion würde an der Salzburger Staulage so gut wie nichts ändern, weil derzeit allein die B150 Alpenstraße nördlich von Anif mit rund 23.000 Kfz pro Tag im Werktagsverkehr belastet ist. Die Evaluierung beklagt außerdem, dass hinsichtlich der Auswirkungen des S-Links auf die anderen Verkehrsmittel (Öffis, Fahrrad, Fußgänger:innen) keine detaillierten Untersuchungen vorliegen. Eine Tatsache, die den Experten Kriebernegg angesichts der hohen Projektsumme von inzwischen bis zu 3 Milliarden Euro sichtlich überrascht.


Die wissenschaftliche Evaluierung steht hier zum Download zur Verfügung.


Bernhard Auinger: “Dort wo jetzt 100 Autos fahren, werden auch mit dem S-Link mindestens 95 Autos fahren.“

Salzburgs Vizebürgermeister Bernhard Auinger fühlt sich angesichts dieser Erkenntnisse in seiner Befürchtung, dass der S-Link zu einem Milliardengrab werden könnte, bestätigt: „Ich bin der Letzte, der angesichts neuer Daten nicht seine Meinung überdenken würde. Leider bestätigt die Expertise von Herrn Dr. Kriebernegg aber alle Befürchtungen. Dort wo jetzt 100 Autos fahren, werden auch mit dem S-Link mindestens 95 Autos fahren. Der S-Link hätte einen derart geringen Effekt, dass er in keiner Relation zu den enormen Kosten steht. Mit dem S-Link geht der Stau nur in einem sehr begrenzten Umfang zurück, die Kosten von rund drei Milliarden Euro sind dafür exorbitant. Von einer Stauauflösung durch den S-Link sind wir Lichtjahre entfernt.“ Laut Auinger stimme beim S-Link schlicht und ergreifend die Kosten-Nutzen-Relation nicht. Mit einem Bruchteil der geplanten Kosten könne das öffentliche Verkehrsnetz modernisiert und sowohl Stadtteile, die von den Öffis abgeschnitten sind, besser angebunden werden als auch Schnittstellen mit dem Umland hergestellt werden.

SPÖ-Landesverkehrssprecherin LAbg. Sabine Klausner stieß in dasselbe Horn und kritisierte, dass es bis dato keine ehrliche Kostenrechnung gibt: „Unsere ablehnende Haltung zum S-Link ist keine leichtfertige Entscheidung, sondern verantwortungsbewusst, wenn man bedenkt, wie viele offene Fragen es gibt und wie teuer das geplante Projekt sein wird. Klar ist nur, dass selbst die Kostenschätzung mit rund drei Milliarden Euro optimistisch ist und Begleitkosten wie beispielsweise Geschäftsentgänge für Anrainer:innen oder Betriebskosten ausgeklammert wurden.” Nun bestätige die Evaluierung von Herrn Dr. Kriebernegg, das der S-Link nicht nur enorm teuer sei, sondern mit Blick auf den motorisierten Individualverkehr kaum etwas bringe.

Tarik Mete: „Mir fehlt die Vision.”
Der städtische SPÖ-Verkehrssprecher GR Tarik Mete sprach bei der Pressekonferenz von einer Verkehrspolitik ohne Visionen: „Seit Jahren erleben wir einen Stillstand im öffentlichen Verkehr – teilweise sogar massive Rückschritte. Der S-Link wird die Situation leider nicht auf die versprochene Art und Weise verbessern. Auch das lückenhafte Nahverkehrskonzept, das kürzlich seitens der ÖVP in Stadt und Land präsentiert wurde, ist weit weg von einer zukunftsweisenden Vision und Strategie für die Mobilität in unserer Stadt.“ An den nüchternen Zahlen würden auch aufwändige Image-Kampagnen für S-Link nichts ändern, die Mete sogar als Propaganda bezeichnet: “man muss dafür leider dieses Wort wählen.”


Foto: Bernhard Schmiderer / CC-BY-SA-3.0

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