Politik

TEIL-ZEIT: “Die unbezahlte Arbeit bleibt bei den Frauen, ebenso das Armutsrisiko.”

posted by Barbara Luger 24. Juni 2016 0 comments

Die Salzburger Landtagsabgeordnete Ingrid Riezler-Kainzner zeigt im folgenden Gespräch auf, dass das Teilzeit-Modell zwar im Trend liegt, aber nur die allerwenigsten Frauen damit ein Einkommen haben, von dem sie auch leben können.

Liebe Ingrid, du engagierst dich seit Jahren für mehr Gerechtigkeit und die Gleichberechtigung der Frauen in allen zentralen Bereichen des Lebens und der Gesellschaft. Besonders in der Arbeitswelt werden auch im Jahr 2016 noch massive Ungleichheiten gelebt. Die Zahl der Frauen, die zum Beispiel Teilzeit arbeiten, ist in den letzten Jahren nach oben geschossen: Fast jede zweite erwerbstätige Frau in Österreich ist teilzeitbeschäftigt. Welche Nachteile bringt die Teilzeitarbeit wirklich mit sich?

Mit Teilzeit haben die aller wenigsten Frauen ein Einkommen, von dem sie leben können. Teilzeit wird ja noch schlechter bezahlt. Sie sind nur Zuverdienerinnen, Alleinerzieherinnen sind oft von Mindestsicherung abhängig. Und alle werden nur eine geringe Pension erhalten. Die unbezahlte Arbeit bleibt bei den Frauen, ebenso das Armutsrisiko. Oft arbeiten die Frauen auch unter ihrer Qualifikation, bekommen kaum interne Schulungen, haben keine Chance auf eine Karriere. Salzburg liegt mit einer Teilzeitquote von 48,7% bei den Frauen bundesweit auf dem viertem Platz, nur Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg haben eine höhere weibliche Teilzeitquote (Statistik Austria). Da besteht dringender Handlungsbedarf. Ein spannendes Detail am Rande: Die Studie zeigt, dass Männer  – wenn sie in einem Teilzeitverhältnis arbeiten – weniger tatsächliche Wochenstunden aufweisen als Frauen.

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Welche alternativen Modelle können Frauen die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen?

Elternteilzeit mit ca. 30 Stunden und mit Recht auf die Rückkehr in Vollzeit.

Teilzeit in der Rushhour des Lebens ist völlig, o.k., also wenn die Kinder klein sind. Dann aber für Mütter und Väter. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss für beide Thema sein. Also Elternteilzeit mit ca. 30 Stunden und mit Recht auf die Rückkehr in Vollzeit. Wir SPÖ Frauen in Salzburg wollen diese Möglichkeit bis zum 10. Lebensjahr. Ich kann mir auch vorstellen, dass diese Zeit dann pensionsrechtlich als Vollzeit gewertet wird ( bei 30 Stunden). Und natürlich helfen flexible Zeitmodelle.

Erkennbar ist aber auch die verstärkte Teilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt und das ist vor allem auf die steigende Zahl von Teilzeitbeschäftigten zurückzuführen.  Kann damit nicht auch zukünftig die Arbeitswelt für viele weitere Frauen geöffnet werden?

Natürlich ist Teilzeit besser als gar keine Beschäftigung, viel wichtiger ist es, die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern.

Die Teilzeit ist doch dadurch entstanden, dass die Frauen mit Kind sehr lange aus dem Beruf aussteigen und dann wieder einsteigen müssen. Und dadurch, dass es die geringfügige Beschäftigung ohne Sozialversicherungspflicht gibt. Das muss wieder geändert werden. Natürlich ist Teilzeit besser als gar keine Beschäftigung, aber ich halte es für viel wichtiger, die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern, also Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. Für Frauen, die besonders jetzt neu zuwandern, ist Teilzeit aber weiterhin eine Chance, überhaupt arbeiten zu gehen, besonders wenn sie aus Ländern kommen, in denen es üblich ist, dass Frau nicht berufstätig ist.

In welchen Berufssparten wurden und werden Teilzeitjobs anstatt Vollzeitjobs ausgebaut und wie kann man diesem Trend entgegenwirken?

Im Handel werden kaum Vollzeitstellen angeboten.

Hier ist der Bereich Handel das große Problem. Es werden kaum Vollzeitstellen mehr angeboten. Und wenn es viel Arbeit gibt, sollen die Frauen kurzfristig mehr arbeiten, also abrufbar zu jeder Zeit. Die Flexibilisierung, wie sie sich die Wirtschaft wünscht, ist hier Realität. Teilzeit muss für die Arbeitgeber_innen unattraktiver gemacht werden.

Vielen Dank für das Interview!

Titelfoto: Arne Müseler
Beitragsfoto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de

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