Politik

“Es braucht jetzt sichere Alternativen zum Lockdown”

posted by Redaktion 5. März 2021 0 comments

Nach einem Jahr Corona-Pandemie hat die Salzburger SPÖ Bilanz über die bisher getroffenen Maßnahmen gezogen und stellt der Landesregierung ein ähnlich schlechtes Zeugnis wie der Bundesregierung aus. Neben einer Reflexion des Pandemiejahres präsentierte der Salzburger SPÖ-Chef David Egger Vorschläge, wie der Weg aus der Krise erfolgreich gelingen könnte.

Die Pressekonferenz zum Nachschauen:

Zwar habe der Landeshauptmann ganz am Anfang noch vieles richtig gemacht „und nicht in jedes Mikrofon hineingebissen, sondern die Fachleute arbeiten lassen”, doch dann sei man unter der Federführung Wilfried Haslauer hinterhergehinkt,  fand der Landtagsklubvorsitzende Michael Wanner kritische Worte: “Die Landesregierung verschläft ein ums andere Mal wichtige Entscheidungen. Vom Contact-Tracing bis zur Impfstrategie hat die konservative Landesregierung unsere SPÖ-Vorschläge stets in einer ersten Reaktion ignoriert und im besten Fall mit Verspätung dann doch umgesetzt.”

Salzburg ist in dieser Pandemie leider nur bei den Infektionszahlen Spitzenreiter und hinkt sogar bei den Impfzahlen hinterher. Kärnten ist von der Größe mit Salzburg vergleichbar. Wie kann es sein, dass in unserem südlichen Nachbarbundesland 31 Prozent mehr Menschen ihre Corona-Schutzimpfung erhalten haben?

LAbg. Michael Wanner, Vorsitzender des SPÖ-Landtagsklubs

Der Salzburger SPÖ-Chef David Egger richtete seinen Blick in die Zukunft: „Nach einem Jahr Corona-Pandemie ist es Zeit für Frühling. Salzburg muss bei den Impfungen vom Schlusslicht zum Spitzenreiter werden und bei der Öffnung der Schanigärten kann sich unser Bundesland einiges von Wien abschauen. Was im Freien mit Einhaltung der Hygieneregeln möglich ist, muss auch erlaubt sein.“ Für die Zeit nach der Pandemie fordert der Salzburger Oppositionsführer eine proaktive Innovationsförderung, mit der klimafreundliche Projekte forciert und neue Jobs generiert werden sollen. Den Landeshauptmann sieht er gefordert, sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass Salzburg als von der Corona-Wirtschaftskrise besonders hart getroffenes Bundesland einen großen Anteil der EU-Hilfsgelder bekommt. Die Salzburger SPÖ verlangt, die Gelder aus dem Recovery Fund an den Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Bundesländern seit Beginn der Pandemie zu koppeln.

Verschlafen: Vom Testen über das Contact-Tracing bis zur Vorbereitung auf die Impfung ging der SPÖ vieles zu schleppend

Vom Testen über das Contact-Tracing bis hin zur Vorbereitung auf die Corona-Schutzimpfung habe die Landesregierung augenscheinlich in der Pendeluhr geschlafen, fasste Wanner zusammen und erläuterte die Kritik: Den Vorstoß der SPÖ schon im März 2020, im Gesundheitsbereich und in kritischen Einrichtungen regelmäßig flächendeckende Corona-Tests durchzuführen, habe die Landesregierung reflexartig abgelehnt und behauptet, das sei nicht machbar. “Und als wir im September dann Massenscreenings mit Antigen-Schnelltests verlangt haben, hat uns die Landesregierung quasi ausgelacht. Hätte die konservative Landesregierung auf uns gehört, wäre die zweite Welle in Salzburg schwächer ausgefallen”, ist sich Wanner sicher. Bekanntlich waren die flächendeckenden Massenscreenings dann drei Monate später im Dezember 2020 sehr wohl möglich.

Dasselbe Szenario habe sich auch beim Contact-Tracing abgespielt. Trotz eindringlicher Appelle der SPÖ Salzburg, die Ressourcen auszubauen, habe die konservative Landesregierung nämlich zunächst nichts getan und ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer sogar behauptet, den Sommer gut genutzt zu haben und bestens vorbereitet zu sein. Die Realität sah dann so aus: Das Contact-Tracing brach im Herbst 2020 völlig zusammen und konnte nur dank Mithilfe der Gemeinden wieder aufgenommen werden.

Und ein drittes Mal: Als David Egger von der Landesregierung im November 2021 eine Salzburger Impfstrategie verlangt hatte, hat die ÖVP die Forderung vom Tisch gewischt und behauptet, alles sei auf Schiene. Zwei Monate später, im Jänner, stellte sich schließlich heraus, dass die sozialdemokratischen Befürchtungen nicht grundlos waren. Von einer koordinierten, nachvollziehbaren Strategie war jedenfalls recht wenig erkennbar. „Salzburg ist völlig unvorbereitet in die Impfungen gestartet. Selbst die Online-Vormerkplattform ist erst dann eingerichtet worden, nachdem wir als SPÖ vehement darauf gepocht hatten“, so Wanner, der nach wie vor dringenden Aufholbedarf sieht: „Die Ärztinnen und Ärzte, sowie das Pflegepersonal fühlen sich zu Recht schlecht eingebunden. Die über-80-Jährigen sind bei uns im Gegensatz zu anderen Bundesländern noch immer nicht durchgeimpft und ÖVP-Gesundheitslandesrat Stöckl ist wie immer Weltmeister im Ausreden finden. Dass der Obersparmeister den Impfstoff lieber hortet als ihn zu verimpfen, fügt sich gut ins Gesamtbild ein.”

Salzburger SPÖ fordert: Allgemeine Ausgangsbeschränkungen müssen fallen

„Ob Spazierengehen, Wandern oder Laufen. Alles, was im Freien mit Abstand möglich ist, muss auch für Gruppen wieder erlaubt sein“, fordert David Egger. Der Salzburger SPÖ-Chef spricht sich dafür aus, dass Aktivitäten im Freien unter Einhaltung der Hygieneregeln ab sofort wieder uneingeschränkt erlaubt sein müssen. Darunter fällt für Egger sowohl der Besuch im Gastgarten, als auch Sport. Hinsichtlich Aktivitäten in Innenräumen wie etwa den Besuch im Restaurant oder im Theater spricht Egger sich für Eintrittstests als “Ticket zur Normalität” aus und ist in diesem Punkt mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer einer Meinung: “Die Idee, Wohnzimmertests mittels QR-Codes per App zu validieren, ist wirklich sehr gut und hat meine volle Unterstützung.” Der Besuch im Gastgarten soll laut dem Salzburger Oppositionsführer auch ohne Schnelltest möglich sein, für den Besuch einer Gastronomie im Innenraum fordert er noch vor Ostern die Möglichkeit zum Hineintesten.

Öffnungsschritte unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen sieht Egger jedenfalls als alternativlos. Denn die Bereitschaft in der Bevölkerung, sich an harte Lockdownmaßnahmen zu halten, sei längst verloren gegangen. „Wir haben eine Bundesregierung, die uns seit einem Jahr erzählt: »Zwei Wochen müsst ihr noch durchhalten.« Kein Wunder, wenn da die Stimmung kippt. Wenn wir die Pandemie unter Kontrolle halten wollen, braucht es daher jetzt sichere Alternativen zum Lockdown.” Denn nur, wenn die Einschränkungen auf ein sinnvolles, nachvollziehbares Maß reduziert werden, würden sich die Menschen wieder daran halten. Ohnehin hätten die meisten Leute keinen Überblick mehr über das, was verboten und erlaubt ist.

Kein Ort schützt uns besser vor Corona als die frische Luft. Parallel zu den dringend notwendigen Öffnungsschritten Richtung Normalität ist natürlich Disziplin gefragt, bis die notwendige Impfquote endlich erreicht ist.“



David Egger, Salzburger SPÖ-Chef

Egger ist jedenfalls überzeugt, dass Eintrittstests ein Teil der Lösung sein können und die bessere Alternative zum unkontrollierbaren Privatveranstaltungen darstellen: “Solange die Gastro geschlossen hat, werden auch die Privatpartys mehr. Nur mit einer Öffnung der Gastronomie unter strengen Hygienevorkehrungen kann das Ansteckungsrisiko kontrolliert werden. Und wenn alle getestet sind, spricht doch auch nichts dagegen, endlich wieder für alle Altersgruppen den Mannschaftssport zuzulassen.“

Egger fordert umweltfreundliches Konjunkturpaket für die Zeit nach der Pandemie

„Gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise gibt es keine Impfung, sehr wohl aber Kredite zum Nulltarif. Der einzige Weg aus der Krise verläuft vorwärts und das bedeutet: Investieren. Sparen hingegen wäre in dieser Situation das Schlimmste, was man tun kann“, ist Egger überzeugt und fordert deswegen ein Konjunkturpaket für die Post-Coronazeit. Als konkrete Vorschläge nennt der Salzburger SPÖ-Chef erstens eine Salzburger Innovationsförderung für Startups und EPUs, zweitens einen Handwerkerbonus und drittens ein kommunales Investitionspaket für Infrastrukturprojekte in den Gemeinden.

Besonders große Sorgen bereiten Egger die explodierenden Arbeitslosenzahlen. Der Ländervergleich zeigt, dass die Zahlen im Tourismusland Salzburg besonders stark gestiegen sind. “Die Aufteilung der Gelder aus dem Recovery Fund soll an den Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Bundesländern während der Pandemie gekoppelt werden“, fordert der SPÖ-Landesparteivorsitzende und wünscht sich endlich eine breite öffentliche Debatte über dieses Thema: „Österreich bekommt 3,3 Milliarden Euro und keiner interessiert sich dafür. Wie kann das sein? Allein nach dem Bevölkerungsschlüssel gerechnet würden uns 200 Millionen Euro zustehen. In Wahrheit braucht Salzburg als wirtschaftlich besonders gebeuteltes Bundesland ein größeres Stück vom Kuchen.“  Schließlich ÖVP-Parteifreund Finanzminister Gernot Blümel vorstellig zu werden und Druck auszuüben: „Wäre ich der Landeshauptmann, wäre ich deswegen schon dreimal in Wien gestanden.“


Fotos: Arne Müseler / CC-BY-SA-3.0

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