Disneyfilme sind nicht ausschließlich und immer nur für Kinder. Vor allem mit der Fabel Zootopia (deutscher Titel: Zoomania – ganz schön ausgefuchst) ist Disney erstaunlich politisch geworden. Vermutlich fürchten sich selbst Mickey und seine Freunde vor dem potentiellen US-Präsidenten mit der absurden blonden Frisur und setzen deshalb ein klares Zeichen gegen Vorurteile und eine Politik der Angst.
Zootopia ist eine Fabel, in der Säugetiere ähnlich wie die Menschheit ihre eigene Kultur entwickelt haben. Fleischfresser und Beutetiere haben ihre niederen Instinkte überwunden und eine gemeinsame Zivilisation geschaffen. Zentrum dieser Zivilisation ist die Stadt Zootropolis, in der zahlreiche Tiere zusammen leben, wobei es unter anderem verschiedene Vegetationszonen gibt, damit sich die unterschiedlichen Arten wohl fühlen. Auch die verschiedenen Größen der Tiere finden in der Stadt Beachtung. So hat der Zug beispielsweise drei Türen nebeneinander: eine für große Tiere wie Giraffen, eine für kleinere Tiere wie Hasen und eine ganz kleine Tür für Nager. Dieses Konzept der unterschiedlichen Größen taucht im ganzen Film immer wieder auf und sorgt für viele lustige Situationen.
Judy Hopps (Ginnifer Goodwin) ist allerdings ein Landei. Sie lebt mit ihren Hasen-Eltern und ihren über 200 Geschwistern – weil Hasen gerne rammeln, versteht ihr? – auf einer Karottenfarm im Dorf Bunnyborrow fern der großen Metropole. Schon als junge Häsin hat sie einen Traum: Sie will die erste Hasen-Polizistin in Zootropolis werden! Trotz Zweifel aus ihrem sozialen Umfeld und anfänglichen Startschwierigkeiten schafft es Judy die Polizeiakademie mit Fleiß und Ehrgeiz als Beste ihres Jahrgangs abzuschließen. Der Traum von der utopischen Stadt Zootropolis, in der jeder alles erreichen kann, platzt aber recht schnell. Dem Polizeichef (Idris Elba) ist es nämlich völlig egal, ob sie die Beste ihres Jahrgangs war. Er schickt sie als Politesse auf Streife. Dabei kommt sie nicht nur einer größeren Verschwörung auf die Spur, sie stolpert auch über den Fuchs Nick Wilde (Jason Bateman). Nick schlägt sich als Trickbetrüger durch das Großstadtleben. Im folgenden Abenteuer merken die beiden schnell, dass sie ihre Differenzen überwinden und zusammenarbeiten müssen. Dabei lernen sie ihre unterschiedlichen Eigenarten schätzen.
Bis dahin lehnt sich die Handlung an das Muster der meisten Police-Buddy-Geschichten. Wir lernen die liebevoll gestaltete und durchdachte Welt der Tiere kennen. Verschiedene Personenkonstellationen werden vorgestellt und Witze fallen. Angemerkt werden muss, dass Disney-typisch sowohl ältere wie auch jüngere Zusehende angesprochen werden. Während die Kinder über die lieben Charaktere und ihre humorvolle Inszenierung lachen, erfreuen sich Erwachsene auch an popkulturellen Referenzen, die vom hauseigenen Frozen bis zu Breaking Bad reichen. Positiv ist, dass in vielen Szenen bewusst auf überholte Stereotype verzichtet wird. Anstatt der klassischen Damsel in Distress darf die aufgeweckte Hasen-Polizistin den männlichen Hauptcharakter retten.
Wäre das alles, wäre Zootopia nur ein amüsanter Animationsfilm. Nach etwa zwei Drittel schlägt das Geschehen jedoch um. Plötzlich wird es sehr erwachsen und politisch, ohne jedoch das junge Publikum zu übergehen oder gar zu verängstigen. Obwohl die Inszenierung weiterhin quitschbunt bleibt, geht es plötzlich um Pauschalverurteilungen ganzer Bevölkerungsgruppen, Politik, deren Nährboden Angst ist und Medien, die sich nur zu gern unreflektiert darauf stürzen und Aussagen falsch darstellen. Als Resultat droht sich die zootropische Gesellschaft zu spalten. Letzten Endes müssen die Tiere ihr Misstrauen, ihre Angst und ihren Hass überwinden und erkennen, dass Vorurteile und Scheinlösungen falsch sind. Zu viel sei an dieser Stelle nicht verraten, es ist aber äußerst ungewöhnlich und auch erfreulich, wie sich in diesem Animationsfilm aktuelles Zeitgeschehen spiegelt und zu einer positiven Lösung geführt wird.
Zootopia wird vom tierischen Polizeiabenteuer zu einem brisant aktuellen Film mit wichtiger Botschaft, die nicht nur von Kindern, sondern auch von vielen Erwachsenen heutzutage dringend gehört und neu gelebt werden sollte.
Anmerkung: Ich habe den Film zwei Mal im Kino auf Englisch und ein Mal auf Blu-ray auf Deutsch gesehen. Obwohl der eine oder andere Witz in der deutschen Übersetzung verloren geht oder nicht so gut funktioniert, hat sich Disney wie immer große Mühe bei der Übersetzung gegeben und so dürfen wir uns unter anderem auch an Armin Assinger erfreuen, der einer Nebenfigur schönstes Kärntnerisch einhaucht. Letztendlich würde ich aber zur Originalfassung raten.
Zootopia
(Deutscher Titel: Zoomania – ganz schön ausgefuchst)
Regie: Byron Howard, Rich Moore, Jared Bush
Drehbuch:Jared Bush, Phil Johnston
Soundtrack: Michael Giacchino
Cast: Ginnifer Goodwin, Jason Bateman, Idris Elba, Jenny Slate, J.K. Simmons, Shakira u.a.
Laufzeit: 108 Minuten
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 03.03.16 (AT)
Das Titelbild stammt von der offiziellen Facebookseite des Films.