Wie mühsam eine Präsidentschaftswahl sein kann, erfahren wir Österreicherinnen und Österreicher derzeit am eigenen Leib. Ebenso dramatisch ist die Wahl in den USA, was wohl der Grund dafür ist, wieso der dritte Teil der Horror/Thriller-Reihe Purge mit Election Year untertitelt ist.
Die USA waren am Ende. Kriminalität, soziale und politische Probleme haben das Land zerrissen, bis die neuen Gründerväter kamen. Sie führten einmal im Jahr die sogenannte Purge („Säuberung“) ein, bei der für 12 Stunden alle Verbrechen, einschließlich Mord, legal sind. Auf wundersame und nicht ganz glaubwürdige Weise hat das der Alltagskriminalität in den Purge-Filmen ein Ende gesetzt. Die Reichen verschanzen sich in der Purge-Nacht in ihren Hochsicherheitshäusern, die Ärmeren versuchen diese Nacht mit allen Mitteln zu überleben. Versicherungen und Sicherheitsfirmen profitieren.
Im ersten Purge-Film verfolgten wir diese schreckliche Nacht aus der Perspektive einer reichen Familie in ihrer Luxusvilla, die von Maskierten gestürmt wurde. Purge 2 (Untertitel: Anarchy) bot eine neue Szenerie: die offene Stadt, durch die mordende und plündernde Psychos zogen. Wir lernten, dass die Regierung diese Nacht nutzt, um die sozial Schwächeren systematisch auszurotten. Das Innovative war die neue Situation: Nicht mehr das Innere eines Hauses war die Kulisse, es war die ganze Stadt. Das brachte dem zweiten Teil eine frische Dynamik und uns Zusehenden das Gefühl, tiefer in diese düstere und doch schaurig-spannende Welt einzutauchen.
Auch Teil 3 entwickelt die düstere Welt weiter. Die Senatorin Charlie Roan (Elizabeth Mitchell) musste als Kind mitansehen, wie während der Purge ihre Familie getötet wurde. Sie möchte Präsidentin werden, um die Purge abzuschaffen. Ihr Kontrahent ist der Minister Edwidge Owens (Kyle Secor), hinter dem die neuen Gründerväter stehen. In ihrer Kampagne zeigt sie soziale Missstände auf und klagt, dass die Purge nur den Reichen nützt. Als Frau des Volkes verweigert sie, dass sie die Purge-Nacht in einem Bunker verbringt. Sie möchte Volksnähe zeigen und bleibt in ihrem gut gesicherten Haus. Gegen die Söldner der Gründerväter hat sie allerdings keine Chance. Sie kann in letzter Sekunde mit ihrem Sicherheitschef Frank Grillo (Leo Barnes) – bekannt aus The Purge: Anarchy – fliehen. Der Kampf ums Überleben auf den verlassenen Straßen der nächtlichen Stadt beginnt.
In einem zweiten Handlungsstrang erleben wir die Nacht aus der Perspektive des Ladenbesitzers Joe Dixon (Mykelti Williamson), der sich die Purge-Versicherung nicht mehr leisten kann und deshalb seinen Laden selbst verteidigen will. Mit einigen treuen Freunden kämpft er um seinen Besitz. Sein Leben wird nicht gerade einfacher, als die gejagte Senatorin Charlie und ihr Bodyguard Frank in seinen Laden platzen. Gemeinsam versuchen sie die Senatorin vor den Söldnern des Senators und der Gründerväter zu schützen. Im Verlauf der Nacht treffen wir außerdem auch Menschen, die versuchen in all dem Wahnsinn Gutes zu tun, die sich um Verwundete kümmern und Hilfe leisten. Die obligatorischen Rebellen, die mit Waffengewalt Politik machen wollen, fehlen natürlich auch nicht.
Es ist dieses unangenehme Gefühl, das die Purge-Filme so gruselig macht. Diese Ahnung, dass dieses barbarische Verhalten unserer Mitmenschen möglicherweise nicht so unrealistisch ist.
The Purge: Election Year bietet ein spannendes Szenario. Wie auch schon im Vorgänger The Purge: Anarchy lebt der Film vor allem von seiner unheilvollen Stimmung. Leere verlassene Straßenzüge, brennende Autos und wenn Menschen auftauchen, haben sie unheimliche Masken auf und schlachten sich gegenseitig – unter anderem dramatisch mit einer Guillotine – ab. Es sind nicht die Gewaltdarstellungen, die ein Schaudern erzeugen. Es ist dieses unangenehme Gefühl, das die Purge-Filme so gruselig macht. Diese Ahnung, dass dieses barbarische Verhalten unserer Mitmenschen möglicherweise nicht so unrealistisch ist. Das bewusst verdrängte Wissen, dass es in weiten Teilen der Welt weniger schön und gemütlich ist, wird von den Purge-Filmen aufgeweckt. Die eigentliche Handlung und die Charaktere dienen nur als Schiene, der wir durch diese Dystopie folgen und die uns mit ihrer düsteren Stimmung schier erdrückt.
Wer The Purge: Election Year wegen einer intensiven Story ansieht, nur auf die schnelle Metzelei aus ist oder gar eine tiefgründige Auseinandersetzung mit sozialpolitischen Problemen erwartet, wird enttäuscht. Das eigentlich Spannende ist die dargestellte Welt und die Fragen, die sie auf unserer Seite des Bildschirms aufwirft. Wer bereit ist, in die böswillige und düstere Atmosphäre der Purge-Welt einzutauchen, wird aber dennoch schaurige Unterhaltung bekommen. Wirklich schockieren kann der Film – vor allem aber nach dem echten österreichischen Bundespräsidentenwahlkampf – nicht mehr.
The Purge: Election Year
Regie: James DeMonaco
Drehbuch: James DeMonaco
Soundtrack: Nathan Whitehead
Cast: Elizabeth Mitchell, Frank Grillo, Terry Serpico …
Laufzeit: 109 Minuten
FSK: ab 16
Kinostart: 15.09.16 (AT)
Die Bilder stammen von der offiziellen Homepage.