Politik

In Salzburg fehlen 262 Polizistinnen und Polizisten

posted by Christian Gredler 19. Juli 2017 0 comments

Seit 19. Dezember 2016 ist bekannt: Das Bundesland Salzburg hat zu wenige Polizeibeamte. Der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl forderte daraufhin eine Ausbildungsoffensive. Landespolizeidirektor Franz Ruf und Landeshauptmann Wildried Haslauer (ÖVP) wiederum negierten das Problem und sprachen von alten Zahlen. Nun liegen erstmals wieder neue Zahlen des Innenministeriums vor, und diese legen offen: Die Personalnot bei der Salzburger Polizei ist noch weit schlimmer als bisher gedacht. Waren es im Herbst 2016 noch 175 unbesetzte Polizeistellen, so fehlten mit 1. April 2017 insgesamt bereits 262 vollzeitbeschäftigte Polizist_innen (VBÄ). Nicht weniger brisant ist der Umstand, dass Salzburg Polizist_innen im Jahr 2016 gemeinsam 742.660 Überstunden ableisten mussten.

“Während Landeshauptmann Haslauer der Bevölkerung erzählt, die Zahl der Polizistinnen und Polizisten sei zuletzt deutlich gestiegen, ist in Wirklichkeit das Gegenteil davon wahr. Der Mangel an ausgebildeten Beamtinnen und Beamten, die im Land Salzburg ihren Dienst versehen, wird immer größer”, erklärte Walter Steidl, der sich angesichts des rapiden Anstiegs der vergangenen Monate ebenfalls schockiert zeigte. Geht es nach der Salzburger SPÖ, dann hätten die Verantwortlichen in den vergangenen Monaten längst reagieren müssen. Anstattdessen hätten Landeshauptmann Haslauer und die Landespolizeidirektion mit Zahlentricksereien versucht, die Situation schönzureden.

Für Landeshauptmann Haslauer ist die Zeit des Schönredens vorbei. Ich verlange eine sofortige Reaktion von Landeshauptmann Haslauer und dem Innenministerium. So kann es nicht mehr weiter gehen.
(Walter Steidl, Salzburger SPÖ-Chef)

Salzburger SPÖ: Haslauer soll endlich Handeln

Laut der aktuellen Beantwortung parlamentarischen Anfrage durch die SPÖ durch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sollte der Personalstand im Bundesland Salzburg mit 1. April 2017 planmäßig insgesamt 1.634 vollzeitbeschäftigte Beamt_innen ausmachen. Tatsächlich versehen, gerechnet in Vollzeitäquivalenten, aber nur 1.371,9 Polizist_innen in Salzburg ihren Dienst. Der von der SPÖ und der Polizeigewerkschaft stark kritisierte Personalnotstand entspricht also der Wahrheit und hat sich zuletzt sogar verschlimmert. Für Steidl steht daher fest: “Landeshauptmann Haslauer soll seiner Pflicht als Regierungschef in Salzburg endlich nachkommen und eine Besserung dieser bedeklichn Situation herbeiführen.”

Polizeiinspektionen müssen geschlossen bleiben

Die aktuellen Zahlen aus der SPÖ-Anfrage an den Innenminister zeigen auch ein ausgedünntes Bild der Polizeipräsenz in den Bezirken. Im Stadtpolizeikommando Salzburg fehlen knapp 70 vollzeitbeschäftigte Beamt_innen (68,4), im Bezirkspolizeikommando (BPK) Salzburg-Umgebung fehlen 21,5 Vollzeitbeschäftige, im BPK Hallein sind knapp 14 vollzeitbeschäftigte Beamt_innen zu wenig, im BPK St. Johann fehlen knapp 13 und im BPK Zell am See sind 15 vollzeitbeschäftigte Polizist_innen zu wenig. Der Lungau darf sich hingegen über einen Polizisten mehr als vorgesehen freuen.

Wie gravierend die Lage mittlerweile ist, zeigt sich zum Beispiel daran, dass manche Polizeiinspektionen zeitweise nicht einmal mehr ihren Dienst aufrecht erhalten können. So mussten im Juni 2017 aufgrund des Personalmangels landesweit Polizeiinspektionen geschlossen bleiben. In etlichen weiteren Polizeiinspektionen konnte nur ein Notbetrieb mit einem einzigen Polizisten oder einer einzigen Polizisten aufrecht erhalent werden. Wie aus Polizeikreisen bekannt wurde, hat sich die Lage auch jetzt im Juli nicht verbessert. Im Pongau waren beispielsweise die Polizeiinspektionen in Radstadt an sechs Tagen und in Wagrain an neun Tagen nicht besetzt. Wagrain wird auch im Juli an mindestens zwei Tagen unbesetzt und Eben an acht Tagen mit nur einem Beamten besetzt sein. Im Flachgau waren im Juni etwa die Polizeiinspektionen in Strobl 26 Mal und in Seekirchen elf Mal mit nur einem Beamten besetzt. Auch im Juli kann die Polizeiinspektion in Strobl quasi das ganze Monat mit nur einem Polizisten besetzt werden, nämlich an 27 Tagen. Auch im Pinzgau ist die Situation kaum besser. So wird die Polizeiinspektion in Bruck im Juli an zwei Tagen unbesetzt bleiben. An zehn Tagen wird nur ein Beamter Dienst machen können.

Im Büro des Landeshauptmanns reagierte man jedoch bis zuletzt noch gelassen. So stellte ein Sprecher Haslauers in Abrede, dass das zwischenzeitliche Zusperren von Polizeiinspektionen ein Problem sei. Immerhin habe sich im Jahr 2016 die Aufklärungsquote spürbar verbessert. Unerwähnt ließ er dabei jedoch, dass das Bundesland Salzburg im selben Jahr den stärksten Anstieg an Delikten seit zehn Jahren verbuchte. Dieser liegt verglichen zum Jahr 2015 bei einem Plus von 15,2 Prozent (57,4 Prozent davon Österreicher_innen). Während die Polizeigewerkschaft seit Monaten alarmiert, relativiert zumindest auch der Polizeisprecher der Landespolizeidirektion: Straßenpräsenz sei wichtiger als die Besetzung von Dienststellen, so das offizielle Statement. Walter Steidl jedenfalls wähnt sich auf der Seite der Polizist_innen.

742.660 Überstunden im Jahr 2016

Wie aus der Stellungnahme von Innenminister Sobotka ebenfalls bekannt wurde, leisteten Salzburgs Polizist_innen im Jahr 2016 gemeinsam 742.660 Überstunden bzw. Mehrdienststunden. Für die zur Verfügung stehenden Polizist_innen (nach Vollzeitäquivalenten gerechnet) bedeutet das eine Mehrbelastung von durchschnittlichen 540 Stunden pro Jahr. Anders gerechnet entspricht die knapp dreiviertel Million Überstunden einer Jahresarbeitszeit (1.738 Stunden; Anm.) von 427 Polizist_innen. Der Aussage Wilfried Haslauers, wonach es in Salzburg ausreichend Polizist_innen gäbe, stehen zusammengefasst 262 fehlende Polizist_innen (VBÄ) und jede Menge Stunden Mehrarbeit gegenüber. Ein Umstand, der sich nicht nur negativ auf das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung auswirkt, sondern auch für die Polizist_innen eine enorme Belastung darstellt.

Dass der Polizeiberuf kein Job mit Fixstunden zwischen 9 Uhr und 17 Uhr ist, ist jedem bewusst. Eine derartig hohe Zahl an Überstunden ist aber weder den Polizistinnen und Polizisten selbst, noch deren Familien zuzumuten. So etwas ist ein Sicherheits- und Gesundheitsrisiko.
(Walter Steidl)

Sicherheit bestünde nicht darin, den Menschen Angst vor dem Fremden zu machen, sondern darin, Schutz zu gewährleisten. Dazu gehöre, so die Salzburger SPÖ in einer Stellungnahme, vom Nationalrat beschlossene Planstellen auch zu besetzen. Steidl bekräftigte daher seine Forderung, dass die Ausbildungsplätze sowie die dafür notwendige Infrastruktur (Unterrichtsräume, Lehrpersonal) unmittelbar aufgestockt werden müssen.

 


Foto: Arne Müseler

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