Gesellschaft

Interview mit Flüchtling Ahmed.

posted by Anonymous 4. Mai 2016 0 comments

Ein Flüchtling, nennen wir ihn Ahmed. Ein Interviewer.
Beide wollen anonym bleiben.

Wo kommst du her?

 Irak, Bagdad

Wie bist du hergekommen und wie ist es dir dabei gegangen?

 Dezember 2014, 7 Monate. Ich bin über die Balkanroute gekommen. Von der Türkei nach Griechenland mit dem Schiff.  In Griechenland und Ungarn waren die Bedingungen nicht gut. In Griechenland habe ich auf der Straße gelebt. Die Polizei in diesen Ländern hat sich auch einen Dreck um uns geschert. Die Menschen in Österreich sind toll. Auf meiner Flucht wollte ich nicht unbedingt in Österreich bleiben. Ich wollte nach London. Aber am ersten Tag, an dem ich die Menschen in Österreich angeschaut habe, gefiel es mir. Die Leute haben mir hier sehr viel geholfen. Sie haben mir Essen gegeben. Die Polizei hat mir geholfen.

Ist deine Familie mit dir hier?

Meine Familie ist noch im Irak. Vielleicht kommen sie nach. Ich habe aber keine Frau und keine Kinder

 Warum bist du geflohen?

 Im Irak hatte ich viele Probleme. Der Irak hat viele Probleme. Überall gibt es Militär, der Krieg ist überall. Ich konnte dort nicht mehr leben. Ich habe sogar einen Anschlag erlebt, bei dem ich schwer verletzt wurde. Die nächsten sechs Monate habe ich im Krankenhaus verbracht (er zeigt auf seine Narben). Meine Haut hat immer noch Schäden. Hier kann ich wieder schlafen. Ich bin hier wieder relaxed.

Was ist hier anders als im Irak?

Hier wird man nicht ausgeraubt (lacht). Oder die Polizei kümmert sich zumindest darum. Stell dir vor, du gehst im Irak in die Disko. Normal ist, dass du dabei ausgeraubt wirst. Und die Züge fahren pünktlich. Wenn da steht 17 Uhr, dann komme ich um 17 Uhr nach Hause. Im Irak weiß ich nicht, wann und ob ich nach Hause komme. Der religiöse Extremismus bestimmt den Alltag im Irak. Keine Disko, kein Alkohol, kein Schweinefleisch. Im Irak sagen viele Leute, dass Frauen nicht Autofahren dürfen. Viele Frauen arbeiten zuhause [sind Hausfrauen]. Die Frauen, die arbeiten, arbeiten als Lehrerin, Verkäuferin, ansonsten gibt es sehr wenig Arbeit. Die Frauen an der Uni müssen ein Kopftuch tragen. Als ich eine Freundin hatte, wusste ihr Vater nichts davon. Es war besser, dass der Vater nichts davon gewusst hat. Der hat mich nicht gemocht. Der Vater muss aber eine Hochzeit erlauben. Später ist meine Freundin dann auch verstorben. Das war auch einer der Gründe, warum ich geflohen bin.

Gibt es auch Dinge, die ähnlich oder sogar gleich sind in Österreich und im Irak?

Das Essen im Supermarkt. Sonst sehr wenig.

Was ist dein Lieblingsessen?

Alles [lacht], Gemüse. Fleisch mag ich nicht wirklich. Es gibt auch kein Halal Fleisch.

Was fehlt dir hier am meisten (aus deiner Heimat)?

Meine Familie.

Was magst du an Österreich?

Das mir alle Leute helfen hier. Ich mag diese Gemeinschaft.

Was magst du nicht an Österreich?

Darauf achte ich nicht. Ich habe noch nichts gefunden.

Hast du auch mit Vorurteilen deiner Person gegenüber zu kämpfen?

In einer näheren Stadt wollte ich einmal in einen Bus steigen. Der Busfahrer wollte mich nicht mitfahren lassen, weil er den 100 Euro Schein nicht wechseln konnte. Daraufhin ist eine Mitfahrerin nach vorne gegangen und wollte bezahlen. Der Busfahrer meinte nur: Wenn Sie so schon abcashen, können Sie wenigstens selber zahlen. Schlussendlich konnten wir aber mitfahren. Ein anderes mal bin ich zum Einkaufen gegangen. Ich bin an der Ampel stehen geblieben und drei Leute haben mir den Stinkefinger gezeigt. Ich habe mich bei ihnen bedankt (grinst).

Danke für das Interview.

Bitte.

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