Geschichte

„Wir werden morgen an die Arbeit gehen…”: Der 12. Februar 1934 aus Salzburger Sicht

posted by Redaktion 12. Februar 2017 0 comments

Es waren österreichische Arbeiter, die dem Faschismus am 12. Februar 1934 mit Waffen entgegentraten. Knapp vier Jahre zuvor schwor die Heimwehr in Korneuburg ihren Eid und griff dabei „nach der Macht im Staate“. Die Rechtsbrüche der Regierung Dollfuß gipfelten im März 1933 in der Ausschaltung des Parlaments – die systematische Zerstörung der Demokratie hatte ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Doch die Provokationen und Schikanen nahmen auch in den kommenden Wochen weiter zu. Arbeiterheime und private Wohnungen wurden unter dem Vorwand, Waffen zu suchen, verwüstet. Es kam zu zahlreichen Verhaftungen. Dann folgte am 11. Februar 1934 die nächste Provokation: Emil Fey, Heimwehrführer und Innenminister verkündete unheilvoll: „Wir werden morgen an die Arbeit gehen und wir werden ganze Arbeit leisten.“ Am Morgen des 12. Februars fielen in Linz die ersten Schüsse. Der Kampf hatte begonnen.

In Salzburg kam es am 12. Februar zu einem Treffen des sozialdemokratischen Parteivorstandes mit den wichtigsten Mitgliedern des Republikanischen Schutzbundes. Die Polizei nutzte diese Gelegenheit aus und verhaftete dort sämtliche Funktionäre. Doch man hatte vorgesorgt: Aus Angst vor Razzien wurden die Waffen des Schutzbundes zuvor aus den Parteiheimen entfernt und auf kleinere Lager aufgeteilt. Doch nun sollte sich diese Vorgehensweise rächen. Da die privaten Verstecke nur wenige hochrangige Funktionäre kannten, war eine Waffenausgabe aufgrund der Inhaftierungen nicht mehr möglich. Somit fielen am 12. Februar keine Schüsse in der Salzburger Landeshauptstadt.

„In Salzburg begannen die eigentlichen Aktionen dann erst am 13. Februar mit Streiks der Arbeiter in der Brauerei Kaltenhausen, der Wasserbauarbeiter und der Arbeiter der Zellulosefabrik. Die rund 200 beteiligten Schutzbündler wurden dabei von Landtagsvizepräsident Anton Neumayr (SDAP) beschwichtigt. Der Aufstand sei aussichtslos, Gewalt das falsche Mittel. In der Folge wurden Neumayr und die gesamte Halleiner Streikleitung (rund 30 Personen) verhaftet.“ [1]

In manchen Landgemeinden war es hingegen möglich gewesen, Sprengstoff an einzelne Schutzbündler auszugeben. Einer Übermacht von Exekutive und Heimwehr gelang es jedoch, die Arbeiter rasch zu stellen. Überall im Bundesland wurden sozialdemokratische Parteiheime und -lokale aufgebrochen und besetzt. Die Tiroler Heimwehr mischte aus Rache für den missglückten Aufstand ebenfalls mit. So wütete etwa die „Penz-Platte“ in Schwarzach, ein gefürchteter Heimwehr-Schlägertrupp aus Innsbruck.

Halleiner Schutzbündler zu Beginn der 1930er Jahre (Steinocher-Archiv).

Dennoch gelang es immer wieder, kleinere Widerstandsaktivitäten durchzuführen. In Uttendorf wurden beispielsweise Gleise der Pinzgauer Lokalbahn verlegt. In der Landeshauptstadt blockierte ein gesprengter Leitungsmast die Eisenbahnstrecke. Auch die Tageszeitung „Salzburger Chronik“ berichtete am 16. Februar über solche Sabotageakte:

„Wie von der Direktion der Salzkammergut-Lokalbahn mitgeteilt wird, wurde in der vergangenen Nacht auf der Bahnlinie, und zwar bei Kilometer 57.7 beim Hallwanger Bogen ein verbrecherischer Anschlag verübt. Es wurde eine Schiene gesprengt, wodurch der Zugsverkehr für einige Zeit unterbrochen war. Der Frühzug kam mit eineinhalbstündiger Unterbrechung in Salzburg an.“ [2]

Vor allem die sozialdemokratischen Eisenbahner leisteten verbissenen Widerstand, allerdings war es ihnen aufgrund ihres reduzierten Personalstandes nicht möglich gewesen, den Generalstreik zu befolgen. Alle Dienststellen der Bundesbahn in Salzburg konnten so von Heimwehrleuten und den sogenannten Freiheitsbündlern rasch besetzt werden.

Dennoch gelang es ihnen, die Drehscheibe der Remise II in Gnigl mit einer quergestellten Lok zu blockieren. So verhinderte man das Ausfahren der übrigen Lokomotiven aus dem Rundschuppen. Das eilig herbeigerufene Bundesheer konnte jedoch die Situation unter Kontrolle bringen. Am 16. Februar wurde dann der letzte Sabotageakt in der Stadt Salzburg registriert – im Nonntal wurde ein Bombenanschlag auf die Lokalbahnbrücke verübt.

Nach den Kampfhandlungen stellte die Polizei umfangreiche Untersuchungen zu den Vorkommnissen in Gnigl an, die jedoch weitestgehend erfolglos blieben. Ein Eisenbahner, der neun Monate in Untersuchungshaft gehalten wurde, musste schließlich freigelassen werden. Seine Schuld am Sabotageakt war nicht nachweisbar.

Das Salzburger Polizeigefängnis war bis Mai 1934 mit sozialdemokratischen Funktionären überfüllt. Mit Ausnahme mancher Schikanen des Wachpersonals wurden die Häftlinge hier jedoch deutlich besser behandelt als in den restlichen Bundesländern. Dies mag auch an Landeshauptmann Franz Rehrl gelegen haben, der als konsensbereiter Politiker galt und somit kein Interesse an derartigen Repressionen hatte.

Der austrofaschistische Ständestaat ging hingegen mit ungeminderter Härte vor und legte nach den Kampfhandlungen die österreichische Arbeiter_innenbewegung lahm. Die Partei, die Gewerkschaften und alle befreundeten Organisationen wurden verboten. Rund 18.000 Personen wurden im Zuge der Februarkämpfe verhaftet. Österreich verlor damit die einzige Kraft, die vier Jahre später den Nationalsozialist_innen wirkungsvoll hätte Widerstand leisten können.


Titelfoto: Bahnhof Salzburg-Gnigl, Remise II (Steinocher-Archiv).

Quellen:
[1] Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft [Link öffnen]
[2] Salzburger Chronik, Ausgabe vom 16. Februar 1934.

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