Straßburg Tag 1:
„A house built on shaky grounds will not last“
Mit diesen Worten eröffnete die Salzburgerin Gudrun Mosler-Törnström die 32. Sitzung des Kongresses der Gemeinden und Regionen im Europarat. Sie ist nicht nur 2. Landtagspräsidentin des Salzburger Landtags, sondern auch Präsidentin dieses Gremiums und fordert mehr Zusammenhalt und Solidarität in Europa. Mit dabei in Straßburg: Eine Delegation der Salzburger SPÖ, in Kooperation mit dem Gemeindevertreterverband (GVV) und dem Renner-Institut Salzburg. Rund 50 Salzburgerinnen und Salzburger, darunter auch eine Hand voll Journalistinnen, befinden sich derzeit auf politischer Exkursion in Straßburg. Der erste Programmpunkt beinhaltete einen Besuch im Europarat.
Der Kongress der Gemeinden und Regionen im Europarat ist wohl eines der spannendsten europäischen Gremien. In ihm findet direkte Vertretungsarbeit von insgesamt mehr als 200.000 Kommunen von 47 Ländern auf europäischer Ebene statt. Alle Mitglieder haben ein politisches Mandat in ihrer Herkunftsregion und vertreten jeweils ihre Region im Kongress. Österreich ist mit sechs Mitgliedern vertreten und stellt mit Gudrun Mosler-Törnström die Präsidentin des Kongresses. Seine Aufgabe besteht darin, die Demokratie, Menschenrechte und den Rechtsstaat in den Mitgliedsstaaten zu sichern. So vollzieht beispielsweise keiner der Mitgliedsstaaten die Todesstrafe, da dies den eigenen Grundsätzen widersprechen würde.
Grundlage der Arbeit im Kongress ist die Charta der kommunalen Selbstverwaltung, außerdem finden regelmäßige Monitorings in den Ländern zur Überwachung der Wahlen statt. Sitzungen werden zweimal jährlich mit jeweils drei Tagen abgehalten.
Gleich am ersten Tag wurde allen Besucher_innen klar, dass Europapolitik alles andere als langweilig ist. Die wichtigsten Tagesordnungspunkte bestanden in der Diskussion um die dezentrale Verteilung von Geflüchteten. Basis dafür war eine Resolution, die nach langer Recherche inklusive Besuchen vor Ort entstanden ist. Hierbei waren sich die Sprecher_innen einig: Die Gemeinden trifft die meiste Verantwortung bei der Integration von Geflüchteten und Migrant_innen. Daher braucht es Unterstützung für die Gemeinden und vor allem Solidarität, die den Menschen das Menschsein nicht abspricht. Als Negativbeispiel wurden Erstaufnahmezentren genannt, die Gefängnissen gleichten. Im Gespräch mit Renate Zikmund und Fritz Böhm, beide Expert_innen und schon viele Jahre im Kongress beschäftigt, wurde die Rolle des Kongresses noch einmal verdeutlicht: Nach dem letzten Monitoring österreichischer Wahlen wurde Österreich empfohlen, eine grundlegende Reformierung des Bundesrates in Erwägung zu ziehen. Eine der größten Bildungs- und Strafrechtsreformen in Irland geht unter anderem auf den Kongress zurück: Dieser arbeitet sehr eng mit dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zusammen. Dort wurde die Prügelstrafe in Schulen als Folter eingestuft, was heftige Diskussionen verursachte.
Nach dieser intensiven Auseinandersetzung mit dem Europarat und dem Kongress stand ein Besuch bei dem österreichischen Botschafter Dr. Rudolf Lennkh und seinem Botschaftsrat auf dem Programm. Hauptgesprächsthema, das den gesamten Tag überschattete und auch hier wieder aufgegriffen wurde, war die Situation in der Türkei. Ein Mitglied des Kongresses wurde verhaftet, einem wurde die Ausreise aus der Türkei zur Teilnahme an der Sitzung verwehrt. Bereits am ersten Tag in Straßburg wurde daher klar, dass Europapolitik keineswegs trocken ist, sondern unser tägliches Leben beeinflusst.