Die Gesundheitspolitik der Landesregierung wirft die Frage auf, ob Spitalsreferent Christian Stöckl (ÖVP) die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum mit einer Blinddarm-OP verwechselt. Einfach wegschneiden?
Karikatur: Daniel Jokesch
Nur wenige Tage, nachdem die ÖVP Salzburg die Sorgen in der Bevölkerung um das Krankenhaus Mittersill öffentlich als unbegründet bezeichnete und erneut die seit Jahren versprochenen Investitionen ankündigte, macht sich der zuständige Gesundheitsreferent Christian Stöckl plötzlich auch selbst wieder Sorgen. Kleinere Spitäler und die hausärztliche Versorgung am Land seien in Gefahr, verkündete er in einem Interview mit dem ORF und machte im selben Atemzug die Bundesregierung dafür verantwortlich. Mit Häme auf seine jüngsten Aussagen reagierte die Salzburger SPÖ. Stöckl würde stets die Verantwortung auf andere schieben, während er mit seiner fehlenden Gesundheitslanung die kleinen Krankenhäuser im Bundesland gefährde, lautet die Kritik. Schuld an der mangelnden ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum sei nicht das Arbeitsgesetz, sondern die Planlosigkeit der Landesregierung.
„Stöckl hat beim Krankenhaus Mittersill wieder einmal gezeigt, dass ihm die Aufgaben über den Kopf wachsen. Der Grund für den Ärztemangel in Mittersill liegt in der schlechten Planung seitens des Gesundheitsreferenten selbst und der damit einhergehenden Perspektivenlosigkeit für das ärztliche Personal. Das gefährdet die kleinen Krankenhäuser und nicht die gesetzlichen Vorgaben des Bundes“, so der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl in einer Aussendung und verweist darin auf den Umstand, dass sich Stöckl nach wie vor weigert, eine Mindestzahl von 32 Ausbildungsstellen im Salzburger Krankenanstaltengesetz festzuschreiben, wie es von Expert_innen der Ärztekammer empfohlen wird. Ähnliche Worte findet sein Parteikollege NR-Abg. Walter Bacher: “Für die Misere im Krankenhaus Mittersill gibt es genau einen Verantwortlichen und der heißt Christian Stöckl.”
Seit April im KH Mittersill: Bettenzahl auf der “Interne” halbiert
Während die ÖVP mit ganzseitigen Einschaltungen in den Bezirksmedien der Kritik vonseiten der Opposition entgegentrat und versuchte, die Bevölkerung zu beruhigen, nimmt die Situation im Krankenhaus Mittersill mittlerweile dramatische Züge an. So musste Anfang April die Zahl der Betten von 40 auf 20 halbiert werden. “In der Nacht ist zeitweise überhaupt kein ärztliches Personal mehr anwesend“, berichtet Walter Bacher und ergänzt: “Aus diesem Grund wurden die Hausärzte und das Rote Kreuz angewiesen, am Wochenende und in der Nacht alle Patienten nach Zell am See zu überweisen bzw. zu bringen. Auch am Osterwochenende gibt es mehrere dokumentierte Fälle. So schauen die Versprechungen des Herrn Stöckl aus.” Tatsächlich muss die Interne in der Nacht zeitweise ohne Arzt auskommen, weil es nur mehr einen gibt, der allerdings zwischen Zell am See und Mittersill hin und her pendelt.
Ist Christian Stöckl mit seiner Aufgabe als Gesundheitsreferent überfordert?
Bereits in der Vergangenheit schob Christian Stöckl gerne anderen die Schuld für die Probleme in der Salzburger Gesundheitspolitik zu. So etwa machte er erst kürzlich die Gemeinde Zell am See dafür verantwortlich, dass es im Tauernklinikum an Plätzen für Dialysepatient_innen fehlt. Ein weiteres Beispiel war ein Ansuchen auf Gründung einer Gruppenpraxis für Pränataldiagnostik von vier Salzburger Gynäkologen. Begründung: Der Bedarf sei gedeckt. Dies liegt allerdings unmittelbar daran, dass die ansuchenden Ärzte selbst sind, die für die Deckung des Bedarfs verantwortlich waren. Der als fadenscheinig bezeichnete Bescheid wurde in der weiteren Folge zwar vom Landesverwaltungsgericht aufgehoben, doch auch diesemal wies Stöckl jede Verantwortung von sich. Damit so etwas nicht mehr passieren könne, brauche es ein Bundesgesetz, lautete seine Reaktion.
Gleichzeitig vergrößert sich die Anzahl der ‚Baustellen‘ zunehmend. So steht neben der Politik zum Krankenhaus Mittersill auch die Reduktion der Öffnungszeiten im Krankenhaus Hallein, die fehlende notärztliche Versorgung im Tennengau und neuerdings auch im Flachgau in der Kritik. Dort kam es im vergangenen Dezember zu einem tragischen Todesfall, der mit einer flächendeckenden notärztlichen Versorgung verhindert werden hätte können. „Selbst der notärztliche Stützpunkt im Pinzgau wurde erst umgesetzt, nachdem wir gemeinsam mit Expertinnen und Experten so hart dafür gekämpft haben”,betont Bacher. Die notärztliche Versorgung ist Landeskompetenz. Die landesweite notärztliche Versorgung wurde bereits im Oktober 2015 im Salzburger Landtag beschlossen. Umgesetzt wurde sie von Stöckl bis dato nicht.