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Der Raum als Dritter Pädagoge

posted by Redaktion 5. April 2020 0 comments

Durch die aktuellen Schulschließungen auf Grund der Corona Pandemie wird die essentielle Bedeutung des „Raumes“ für den Unterricht und das Lernen allgegenwärtig .

„In vielen Haushalten sind die Voraussetzungen für ein distant learning gar nicht gegeben, da sehr oft der Raum fehlt, um konzentriert zu lesen, die Aufgabe zu machen oder um einfach zu lernen. In Familien, in denen nicht jedes Kind ein eigenes Zimmer hat, ist die Lage besonders schwierig und wird sich noch verschlimmern, je länger der Schulunterricht praktisch zuhause erfolgen muss.“

Sebastian Lankes, NMS Lehrer

Im schulischen Alltag vor Corona wurde die Bedeutung des Raums für die Bildung hierzulande oft unterschätzt. Er ist der „dritte Pädagoge“, neben den Erwachsenen (Eltern, Pädagog_innen, Behörden) und den Kindern bzw. Jugendlichen. Nachdem die pädagogischen Konzepte sich nach und nach vom reinen Frontalunterricht abwenden und viele verschiedene Lernformen miteinander kombiniert werden, wächst auch der Anspruch an das Schulgebäude bzw. die Klassenräume.

Was das mit der Stadt Salzburg zu tun hat

Für die Erhaltung bzw. den Bau von Pflichtschulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sind in Österreich die Gemeinden zuständig. In der Landeshauptstadt Salzburg gibt es 72 Einrichtungen an 57 Standorten. Nachdem 2018 alle Standorte – hinsichtlich ihres baulichen Zustands und der Optionen für den weiteren Ausbau der Ganztagsbetreuung – evaluiert wurden, stehen nun für das so genannte „Bildungsbauprogramm“ 200 Millionen Euro für die nächsten 13 Jahre zur Verfügung.

Das erste große Projekt ist die Sanierung der Volksschulen Lehen I & II, mit 527 Kindern aus 27 Nationen, die einstimmig mit einem Volumen von 35 Millionen Euro beschlossen wurde. Von einer großen Mehrheit wird der Bau in Holzbauweise befürwortet, der viele Vorteile bieten würde.

Wenn alles glatt läuft soll 2022 der Umbau starten. Für den Bildungsstandort Salzburg ergibt sich hier die Möglichkeit, ein innovatives und zukunftsorientiertes Best Practice Modell umzusetzen, um für die Schüler_innen und Pädagog_innen die bestmögliche Schule zu realisieren.

Das Konzept der Lernhäuser für Lehen und vielleicht noch mehr

Ein Jahr arbeiteten die Lehrerinnen und Lehrer in Lehen am pädagogischen Konzept und entschieden sich für den auch in München umgesetzten Lernhaus-Ansatz. Dieses Modell wurde auch dem Bildungsausschuss präsentiert.

Dieser Ansatz vereint sechs kleine Schulen in einer großen Schule. In jedem der sechs Lernhäuser werden Schüler_innen von der Schulstufe 0–4 (inkl. einer Integrationsklasse) gemeinsam unterrichtet, wenngleich sie altershomogenen Stammklassen zugeordnet sind. So können sich Schüler_innen gegenseitig besser unterstützen und voneinander lernen. Pro Lernhaus gibt es fünf flexible Unterrichtsräume mit verschiebbaren Wänden, drei Zwischenräume, die auch als Rückzugsort dienen, ein Teamzimmer für die Lehrer_innen, einen Sanitärraum und eine zentral liegende gemeinsame Mitte „Marktplatz“ genannt, um den sich alles zentriert und der mit einer Kochnische ausgestattet ist.

© Svenja Koch, Serviceagentur für Ganztagsbildung der Stadt München
Wie auf dieser Skizze kann an einer Grundschule die Raumaufteilung in einem Lernhaus aussehen. Fotorechte: Svenja Koch, Serviceagentur für Ganztagsbildung der Stadt München

In jedem Lernhaus lernen und arbeiten zirka 80-100 Kinder. Dadurch sind die Lernhäuser wesentlich übersichtlicher als klassische Schulbauten und geben den Kindern ein stärkeres Sicherheitsgefühl.

Durch dieses flexible Konzept kann der Unterricht in Kleinstgruppen genauso funktionieren, wie bei schulstufenübergreifenden Übungen, die alle Kinder eines Lernhauses betreffen sowie klassischen Frontalunterricht.

Speziell Ganztagsschulen verlangen nach flexiblen Räumlichkeiten, wenn Kinder den ganzen Tag in der Schule verbringen. Eine strikte Trennung in Unterrichts- und Freizeiträume ist daher nicht sinnvoll. Die Lernhäuser bieten Arbeitsbereiche als auch Bewegungsflächen und gehen auf unterschiedliche Bedürfnisse wie Rückzug und Privatsphäre sowie Bewegung im Schulalltag ein.

In ihrem Konzept hält das Lehrer_innen-Kollegium zudem fest, dass Schulen als Lebensraum verstanden werden müssen, als einladende Orte zur Bewährung und Erprobung, als Raum zur Entdeckung von Möglichkeiten und Potenzialen, als Orte, an denen man Fehler machen darf.


Titelbild: Pixabay

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