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Ich bin Lina, die Einwanderin

posted by Lina Thull 23. August 2017 0 comments

Ich bin Lina, 26, und im Juni vom Ruhrgebiet nach Salzburg gezogen. Warum? Eine Frage, die ich beinahe täglich höre. Meine Standard-Antwort darauf ist: weil ich mich in diese Stadt verliebt habe.

Das ist nur ein Teil der Wahrheit; ob ich die restlichen Gründe aufzähle, hängt davon ab, ob mich mein Gegenüber für verrückt halten wird oder nicht. Die ganze Wahrheit hat nämlich mit Schicksal (oder Zufall) zu tun, mit Leidenschaft und mit Musik. Mit viel Musik.

Wie wird man eigentlich auf eine doch eher beschauliche Stadt wie Salzburg aufmerksam, wenn man in einem der größten Ballungszentren Europas lebt? Nun, durch einen Rapper namens Dame. Von Anfang an hat mir die Stadt gefallen, in der einige der Musikvideos gedreht wurden, aber da bin ich noch nicht einmal auf den Gedanken gekommen, das als meinen zukünftigen Wohnort in Erwägung zu ziehen. Warum auch? Ich war glücklich im Ruhrgebiet, ein Großteil meiner Familie und meiner Freunde wohnen dort. Österreich dagegen war weit weg, hatte einen gewöhnungsbedürftigen Dialekt und außer Schnitzel nicht viel zu bieten. Man möge meinem vergangenen Ich diese Vorurteile verzeihen.

Nach und nach bin ich durch Dame auf andere österreichische und vor allem Salzburger Musiker aufmerksam geworden. Musiker, die zusammen mit ihm auf Tour waren, Musiker, die im gleichen Studio aufnehmen, Musiker, die mit diesen Musikern zusammenarbeiten … eine Kettenreaktion. Mittlerweile höre ich rund ein Dutzend Salzburger Musiker mehr oder weniger aktiv. Die meisten davon sind sehr „Fan-nah“ und bodenständig, sodass ich viele auch persönlich kennenlernen konnte. Und plötzlich hatte ich eine Verbindung zu Salzburg. Ich kannte jetzt Leute dort und begann, mich mit der Stadt an sich mehr auseinanderzusetzen.

Zunächst habe ich die Stadt aus der Ferne erkundet, durch Google Maps und Google Earth – mit dem Ergebnis, dass ich mehr Straßennamen in Salzburg kenne als in meiner Heimatstadt.

Im November 2016 sollte ich dann Salzburg zum ersten Mal aus der Nähe sehen. Ich würde gerne eine kitschige Geschichte erzählen, wie es sich vom ersten Moment an richtig angefühlt hat, dort zu sein und so… Aber „mittelschwere Katastrophe“ trifft es etwas besser.

Ich – eine von Natur aus gestresste und leicht zu überfordernde Autofahrerin – bin mit einem Mietwagen ohne funktionierendes Navi alleine von Bayern aus nach Salzburg gefahren. Es fing schon damit an, dass ich die falsche Ausfahrt genommen habe und was dann folgte, war eine Reihe von Flüchen, Richtungs-Ratespielchen, Staus, Baustellen und Orientierungslosigkeit, gemischt mit kurzen Momenten der Bewunderung für die Schönheit dieser Stadt. Ich kann beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren, wo ich überall falsch abgebogen bin, aber das Ende vom Lied war, dass ich irgendwann völlig verzweifelt auf dem Mozartplatz stand. Mit dem Auto. Neben Christkindlmarktständen.

Ich hatte Glück im Unglück, denn die Poller zum Rudolfskai hin waren unten. So konnte ich halbwegs unauffällig wieder verschwinden, ohne noch einmal durch Maroni-essende Altstadtbesucher fahren zu müssen.

Ab diesem Moment konnte es nur noch bergauf gehen. Ich habe das Auto in einem Wohngebiet geparkt (ohne gültigen Parkschein, wie mir am Abend ein Zettel hinter dem Scheibenwischer verriet) und dann zu Fuß die Stadt erkundet. Und endlich hatte ich die Gelegenheit, meinen Salzburg-Besuch auch zu genießen. Bei herrlichem Föhnwetter und kuscheligen 21 Grad konnte ich im T-Shirt an der Salzach sitzen und mich nicht sattsehen an allem. Hier würde jetzt der Kitsch doch noch passen, aber ich verkneife es mir. Nur so viel: Ab da war ich wirklich unwiederbringlich verliebt in diese Stadt.

 

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